Trotz einer eigentlich geltenden Waffenruhe liefern sich die ukrainische Armee und die prorussischen Separatisten heftige Gefechte in der Stadt Debalzewe. Die Oberhand haben dabei die Separatisten.
Ukrainische Soldaten gefangen genommen
«Nur ein paar Wohnviertel sind noch übrig, dann haben wir den Ort völlig unter Kontrolle», sagte ein Separatistensprecher. Er sprach von «zahlreichen Gefangenen und vielen Toten». «Wir durchkämmen die Stadt nach weiteren Soldaten», sagte der Sprecher.
Seit Tagen sollen in Debalzewe Tausende Regierungssoldaten in nahezu aussichtsloser Lage eingekesselt sein. Kiew bestätigte, dass einige der ukrainischen Soldaten gefangen genommen wurden.
Kiew bestätigt Einnahme durch Separatisten
Ebenfalls bestätigte die ukrainische Regierung die weitgehende Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Debalzewe durch die prorussischen Separatisten. «Strassenkämpfe dauern an», teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit. Die Aufständischen setzten dabei Artillerie und Panzertechnik ein. Regierungstreue Einheiten versuchten, den Gegner aufzuhalten.
Eroberung war auch Putins Absicht
Bei den Kämpfen wurde offenbar auch eine Gaspipeline getroffen. Unklar ist allerdings, wer für den Beschuss verantwortlich ist. Ein in der Nähe anwesendes TV-Team hat die Explosion gefilmt.
Beide Seiten warfen sich vor, die vereinbarte Waffenruhe nie eingehalten zu haben. Die ukrainische Militärführung hatte bis zuletzt gehofft, Debalzewe halten zu können. Doch die von Russland unterstützten Separatisten waren seit jeher entschlossen, die Stadt unter allen Umständen einzunehmen, wie SRF-Korrespondent Peter Gysling berichtet. Auch für den russischen Präsidenten Wladimir Putin habe schon in Minsk festgestanden, dass die von ihm unterstützten Separatisten in diesen Tagen zumindest noch diese Stadt einnehmen sollten.
Friedensprozess droht zu scheitern
Durch die Gefechte an dem Verkehrsknotenpunkt droht der vergangene Woche im weissrussischen Minsk eingeleitete Friedensprozess in der Region trotzdem zu scheitern.
Eigentlich sollten die Konfliktparteien ihre schweren Waffen aus dem Donbass abziehen. Trotz vorheriger Zusagen wollten die Konfliktparteien in der Ostukraine jedoch ihre Waffen nicht aus dem Kriegsgebiet abziehen. «Es gibt vonseiten der Aufständischen keine wirkliche Waffenruhe, deshalb sind die Voraussetzungen nicht gegeben», sagte Militärsprecher Andrej Lyssenko in Kiew. Die Armee sei weiter bereit zur Bildung einer Pufferzone.
Freier Zugang für Beobachter
Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko haben inzwischen an den russischen Präsidenten Wladimir Putin appelliert, «seinen Einfluss auf die Separatisten geltend zu machen, damit diese das Feuer einstellen». Bereits zuvor hatte Merkel mit Poroschenko und dem französischen Präsidenten François Hollande telefoniert.
Die Politiker zeigten sich anschliessend besorgt über die anhaltende Gewalt in der Ostukraine. Sie forderten freien Zugang für die Beobachter der OSZE, um die Einhaltung der Waffenruhe zu überprüfen.