Die Führung in Kiew liess einen vermeintlichen Hilfskonvoi aus Russland an der Grenze stoppen. Es bestehe «Grund zur Annahme, dass der Konvoi dazu hätte genutzt werden können, die Spannungen weiter zu verschärfen», erklärte das ukrainische Aussenministerium.
Das Büro von Präsident Petro Poroschenko hatte am Vorabend mitgeteilt, der Konvoi sei «von russischen Truppen und Militärausrüstung» begleitet worden und «sollte offenbar die Grenze überqueren, um einen ausgewachsenen Konflikt zu provozieren».
Wegen der «russischen Aggression» habe Präsident Petro Poroschenko die Militärführung zu Beratungen einberufen. «Die Gefahr scheint aber vorerst gebannt», sagte der Vizechef der Präsidialverwaltung in Kiew, Waleri Tschaly.
USA erheben den Warnfinger
Angesichts der Truppenkonzentration nahe der Grenze war in den vergangenen Tagen im Westen die Furcht von einem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine gestiegen.
Die USA warnen Russland vor einem solchen Schritt. Humanitäre Hilfen als Vorwand zu nutzen, wäre «vollkommen inakzeptabel». Zuvor hatte die russische Regierung die Einrichtung humanitärer Korridore im Osten der Ukraine vorgeschlagen.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon signalisierte die Bereitschaft der Vereinten Nationen, ihre Unterstützung zu verstärken, falls sich die humanitäre Lage weiter verschlechtern oder die Bemühungen Kiews nicht ausreichen sollten.
Kremlsprecher Dmitri Peskow wies die Vorwürfe einer militärischen Provokation zurück. «Es gab keine Versuche russischer Truppen, auf ukrainisches Territorium zu gelangen», sagte er.
Wieder viele Tote
Derweil gehen die Gefechte Nahe der Separatistenhochburgen Donezk und Lugansk zwischen Regierungseinheiten und Aufständischen in unverminderter Härte weiter. Die Aufständischen teilten mit, sie seien zu einer Feuerpause bereit. Während einer befristeten Waffenruhe sollten Zivilisten das Konfliktgebiet verlassen, zudem könnten Verwundete versorgt werden. Die Regierung in Kiew reagierte zunächst nicht auf das Angebot.
Der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine sprach von 13 getöteten Soldaten innerhalb von 24 Stunden. Granatsplitter töteten in Lugansk ein sechsjähriges Mädchen, wie die Behörden mitteilten. Sechs weitere Zivilisten wurden verletzt. Hunderttausende seien weiter ohne Strom und Wasser. «Die Lage bleibt kritisch», sagte ein Stadtsprecher. In Donezk starb bei Schiessereien ein Mann, der zwischen die Fronten geraten war.
Wegen der Kämpfe ruht auch die Arbeit am Absturzort des malaysischen Flugzeugs MH17. «Die Front führt direkt über das Trümmerfeld. Die Situation ist wie Treibsand – die Lage ändert sich stündlich», sagte der Vizechef des OSZE-Einsatzes, Alexander Hug.
Maidan wird geräumt
Auf dem von proeuropäischen Demonstranten seit Monaten besetzten Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew entfernten Reinigungskräfte weitere Barrikaden. «Es ist jetzt an der Zeit dazu», sagte Bürgermeister Vitali Klitschko.
Immer mehr Bewohner der Millionenmetropole würden sich über das Zeltlager beschweren. Zahlreiche Demonstranten widersprachen lautstark und entzündeten zum Protest Autoreifen. Bei Zusammenstössen wurden drei Männer verletzt.