Man erinnere sich an den Abend der Wahl: Die CDU/CSU hätte um ein Haar alleine regiert, die absolute Mehrheit geschafft. Angela Merkel war die strahlende Siegerin und mit ihr Horst Seehofer von der CSU, der in Bayern regelrechte Traumergebnisse erreicht hat. Der könne kaum mehr laufen vor lauter politischer Kraft, schrieben die Kommentatoren, in Berlin werde künftig wohl bayrisch geredet.
Die SPD-Führung – umgekehrt – stand mit ihren 25 Prozent schwer geschlagen da. Interner Streit zeichnete sich ab und keine erfolgversprechende politische Option.
Heute kann die SPD-Führung kaum mehr laufen vor Stolz. Die Sozialdemokraten besetzen gleich viele Ministerposten wie die CDU, darunter das Grossministerium Wirtschaft und Energie, das Aussen- und das Arbeitsministerium.
Die CSU umgekehrt muss mit drei vergleichsweise marginalen Ministerien Vorlieb nehmen. Horst Seehofer ist nicht annähernd da angekommen, wo er hin wollte.
Vorgesorgt
Und Angela Merkel steht ruhig in der Mitte. Auch wenn sie nur gleich viele Minister stellt wie die Wahlverlierer der SPD. Sie kontrolliert den Laden. Als Kanzlerin und mit dem Finanzministerium, über welches letztlich alles Regierungshandeln läuft. Und sie hat ihre möglichen Nachfolger gut positioniert: Thomas de Maizière wieder im Innenministerium, Ursula von der Leyen in der Verteidigung.
Merkel hat der SPD zwar in wichtigen Punkten nachgeben müssen. Das sei halt so, sagt sie, wenn man Kompromisse machen müsse. Besser jedenfalls als die Neuwahlen, die bis vor Kurzem gedroht hatten.
In ihrer Partei ist man zufrieden, bei der SPD erst recht und bei der CSU sieht man lange Gesichter. Und auch das kann Angela Merkel eigentlich nur Recht sein. Das regelmässig auftretende bayerische Störfeuer ist reduziert.
Frauen auf dem Vormarsch
Und es gibt noch mehr Gewinner: die Zuwanderer. Zum ersten Mal sitzt mit der Verantwortlichen für Einwanderungsfragen, Aydan Özguz, eine Frau mit Migrationshintergrund am Ministertisch. Und überhaupt die Frauen: Die SPD schickt gleich viele Frauen wie Männer in die Regierung, von den 18 Personen im Ministerrang sind immerhin acht Frauen. Darunter eine zufrieden wirkende Chefin.