Die Geschichte des jungen Kubas lässt sich nur mit der Geschichte über Fidel Castro erzählen. Er war es, der vor 60 Jahren eine Revolution anzettelte. Zunächst scheiterte er, um rund fünfeinhalb Jahre später als erstarkter Führer zurückzukommen. Der 26. Juli 1953 markiert den offiziellen Beginn der Castro-Ära – und wird noch heute gross gefeiert.
Doch was ist übrig geblieben von der Revolution? Manuela Boatcă, Professorin am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin, sagt: «Für die Kubaner sind es die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen eines staatssozialistischen Modells.» Ein Beispiel: «Die Arbeitslosigkeit wird grösstenteils unter dem Beamtentum verdeckt.» Auf der anderen Seite habe Kuba die geringste Ungleichheit in ganz Lateinamerika und der Karibik, die niedrigste Kriminalitätsrate, ein international anerkanntes Bildungssystem sowie eine hochwertige, staatlich garantierte medizinische Versorgung.
Erst gescheitert, dann gewonnen
«Heute steht Kuba an einem Scheideweg», ergänzt Boatcă. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Das war vor 60 Jahren nicht anders. Was geschah genau, an jenem frühen Sonntagmorgen? Rund 100 Rebellen machen sich auf, die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba zu stürmen. Angeführt wird die Aktion von Fidel Castro. 26 Jahre alt. Promovierter Jurist.
Ziel ist es, 800 Soldaten im Schlaf zu überwältigen, den Militärposten zu erobern und den Diktator Fulgencio Batista zu entmachten. Der Angriff schlägt fehl. Mehrere Rebellen sterben, andere werden festgenommen. Auch Castro. Er landet im Gefängnis und bekommt 15 Jahre Zuchthaus. Vor Gericht sagt er: «Die Geschichte wird mich freisprechen.» Er soll Recht behalten.
Zwei Jahre später wird Castro begnadigt. Er geht ins Exil nach Mexiko, lernt Ernesto «Che» Guevara kennen, sammelt in den USA Geld von Exilkubanern im Kampf gegen Batista. 1959 dann dessen Sturz. Castros Rebellenarmee schlägt den Diktator in die Flucht und feiert den Einzug in Havanna.
Um das runde Jubiläum zu begehen, kehrt die alte Revolutionsgarde zurück nach Santiago de Cuba. Ein Entscheid voller Symbolkraft. Der gesundheitlich geschwächte Fidel Castro (86) wird voraussichtlich nicht auf der Bühne stehen. Stattdessen wird sein fünf Jahre jüngerer Bruder Raúl, inzwischen Präsident, eine Rede halten und wohl etwas versprechen: den Kurs zu halten. Im Februar sagte er vor dem Volkskongress: «Ich wurde nicht zum Präsidenten gewählt, um den Kapitalismus wieder einzuführen.»
Reisen bleibt weiterhin eine finanzielle Frage.
Ganz ohne Veränderungen aber blieb Kuba nicht. Kubaner dürfen neuerdings Handys und Computer besitzen, in Hotels gehen und kleine private Geschäfte eröffnen. Bereits in den 1990er-Jahren wurde die konvertible Währung «peso convertible» eingeführt, die an den US-Dollar gekoppelt ist.
Diese Errungenschaften ermöglichen den Kubanern zwar eine «grössere Reisefreiheit», sagt die Lateinamerika-Expertin Boatcă. «Sie kommen aber in erster Linie denjenigen zugute, die bereits gut situiert und weiss sind.» Für die Mehrheit der Bevölkerung bleibe «auch nach der politischen Öffnung das Reisen oder gleich die Migration eine finanzielle Frage». Und das dürfte die seit dem «peso convertible» steigenden sozialen Ungleichheiten weiter verschärfen, so Boatcă. «Zudem hat die zunehmende Entlassung von Staatsangestellten zur Folge, dass bisher lohnarbeitende Frauen in der entstehenden Privatwirtschaft keine oder schlechtere Beschäftigungsmöglichkeiten finden.»
Zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft
Eine Prognose für Kubas Zukunft? Das sei schwierig, sagt Boatcă. Um nicht weiter isoliert zu werden, müsse sich das Land stärker in das globale marktwirtschaftliche System integrieren. Abzuwarten sei, ob es Kuba gelingt, das «Soziale am Staatssozialismus mit einer strategisch ausbalancierten Marktwirtschaft zu kombinieren».
So könnte Kuba laut Boatcă verhindern, wohin die osteuropäischen Staaten nach dem Fall des Kommunismus geschlittert seien: in Überschuldung, tiefe soziale Gräben und «einer viel aggressiveren Form von Marktwirtschaft».
Hintergründe
50. Jahrestag der Revolution
Am 26. Juli 1953 versammelte Fidel Castro ein paar Dutzend Mitstreiter und stürmte die schwer bewaffnete Moncada-Kaserne, um einen Volksaufstand zu provozieren und das Regime des Diktators Batista zu stürzen.
Invasion in der Schweinebucht
Am 17. September 1961 konnten Fidel Castro und seine Truppen eine vom amerikanischen Geheimdienst inszenierte Invasion von Exilkubanern in der so genannten Schweinebucht erfolgreich abwehren. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Havanna und Washington sind abgebrochen.