Monate nach Beginn der Ebola-Seuche in Westafrika sollen die betroffenen Staaten Guinea, Liberia und Sierra Leone massive internationale Hilfe erhalten.
Auf einem Sondergipfel in Conakry, der Hauptstadt Guineas, berieten die drei Staatschefs gemeinsam mit WHO-Generaldirektorin Margaret Chan über ein Notprogramm in Höhe von 100 Millionen Dollar. Die Seuche breite sich «schneller aus als unsere Anstrengungen, sie zu kontrollieren», sagte Chan in Conakry.
Es gelte, die Massnahmen zur Aufklärung zu verstärken, Fälle schnell und sicher aufzuspüren und angrenzende Länder vor einem Übergreifen der Epidemie zu bewahren, hiess es von der WHO. Wichtig sei zudem ein besserer Schutz der Mitarbeiter in den Kliniken und Gesundheitszentren.
Die Lage ist ausser Kontrolle
Der WHO zufolge müssen mehrere Hundertschaften medizinischen Fachpersonals in die Seuchenregion entsandt werden, um dort überforderte Behörden und Hilfskräfte zu unterstützen. Dringend angefordert hätten die Krisenländer vor allem Ärzte, Krankenpfleger und Epidemiologen.
«Die Lage ist ausser Kontrolle», warnte Mariano Lugli, Koordinator von Ärzte ohne Grenzen in Genf. Das Virus sei nicht zu stoppen und die lokalen Gesundheitsbehörden seien überfordert.
Grenzgebiet als Quarantänezone
Ausserdem sollen mithilfe des 100 Millionen Dollar umfassenden Hilfsprogramms die Grenzkontrollen in der Region verschärft, Erkrankte früher identifiziert und systematische Behandlungen garantiert werden. Die WHO spricht von mehr als 1300 Infizierten in Westafrika, 729 Menschen überlebten die Ebola-Infektion nicht.
Guinea, Sierra Leone und Liberia erklärten das gemeinsame Grenzgebiet zur Quarantänezone. Die als Epizentrum der Seuche identifizierten Gegenden würden von der Polizei und den Streitkräften isoliert, Anwohner mit Hilfslieferungen versorgt, teilte die regionale Wirtschaftsorganisation Mano-Fluss-Union, der alle drei Länder und die Elfenbeinküste angehören, mit.
Warnung vor «Katastrophe»
Liberias Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf warnte, die Epidemie in ihrem Land nähere sich einer «Katastrophe». Nachdem die Menschen monatelang die Gefahren geleugnet hätten, wachse nun die «Angst und Panik», sagte sie dem US-Sender CNN. Dringend nötig seien mehr Ärzte und medizinische Ausrüstung.
Liberia hatte am letzten Wochenende wegen der Epidemie den Notstand ausgerufen und kurz darauf sämtliche Grenzen geschlossen. Das Nachbarland Sierra Leone erklärte am Donnerstag ebenfalls den Notstand. Sierra Leones Präsident Ernest Bai Koroma will durch den Schritt versuchen, die Seuche mit einem verschärften Massnahmenpaket in den Griff zu bekommen. So sollen ganze Gebiete im Osten des Landes unter Quarantäne gestellt werden. Koroma will zudem nach eigenen Angaben alle öffentlichen Zusammenkünfte untersagen.
Die Präsidenten Sirleaf und Koroma sagten wegen der Epidemie ihre Teilnahme am US-Afrikagipfel von kommender Woche ab, wie das Aussenamt in Washington mitteilte.
Reisehinweise
Unterdessen wächst die Sorge, der Erreger könnte sich durch Flugreisende auch in andere Gegenden der Welt ausbreiten. Das europäische Seuchenzentrum ECDC stuft die Gefahr einer Ebola-Infektion bei Reisen zwar als sehr gering ein.
Dennoch raten inzwischen sowohl Deutschland als auch die USA und Frankreich sowie mehrere asiatische Staaten von verzichtbaren Reisen nach Guinea, Liberia und Sierra Leone ab. Die Schweiz hat ihre Reisehinweise wegen der Epidemie bisher nicht angepasst.
Erste Flüge gestrichen
Als erste internationale Fluggesellschaft strich die Airline Emirates alle Flüge in die betroffene Region. Die USA schickten am Freitag ein Charterflugzeug nach Liberia, um zwei erkrankte Amerikaner nach Hause zu holen. In sozialen Netzwerken regte sich die Angst, auf diese Weise Ebola in die USA einzuschleppen.
Es handelt sich um den schwersten Ausbruch der Krankheit seit ihrer Entdeckung im Jahr 1976. Zudem ist es die erste Epidemie mit dem besonders gefährlichen Zaire-Ebola-Virus in Westafrika. Der Erreger löst hämorrhagisches Fieber aus, das in vielen Fällen zum Tod führt. Medikamente dagegen gibt es nicht, doch steigert eine frühzeitige Behandlung die Überlebenschancen.
Weitere Verdachtsfälle in Nigeria
Zwei möglicherweise mit dem Ebola-Virus infizierte Menschen sind in Nigeria auf einer Krankenstation isoliert worden. 69 weitere seien unter Beobachtung gestellt, berichtete die nigerianische Zeitung «Punch».
Die Erkrankten sollen Kontakt zu einem Berater der liberianischen Regierung gehabt haben, der diese Woche in einem Krankenhaus in Lagos an Ebola gestorben war. Der 40-Jährige war dort am Flughafen zusammengebrochen.