Der Weg für die von den Vereinten Nationen vermittelte Übergangsregierung in Libyen scheint frei. Die von Islamisten dominierte Regierung in der Hauptstadt Tripolis erklärte am Dienstagabend ihren Rückzug – zugunsten der Einheitsregierung. Sie begründete die überraschende Entscheidung damit, dass sie weiteres Blutvergiessen sowie eine Spaltung des Landes vermeiden wolle.
Chaos seit dem Sturz des Gaddafi-Clans
Die Islamistenregierung in Tripolis hatte bisher mit der international anerkannten Regierung in Tobruk im Osten des Landes konkurriert. Eine von der UNO vermittelte Einheitsregierung war vor wenigen Tagen zwar in Tripolis eingetroffen. Sie stiess jedoch weiterhin auf Widerstand aus dem Islamistenlager.
Mit der neuen Regierung unter Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch soll der Bürgerkrieg beendet werden. In Libyen herrschen seit dem mit Hilfe von Nato-Staaten erfolgten Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi chaotische Zustände. Der Sturz des Gaddafi-Clans erfolgte 2011.
Die beiden bisherigen Konkurrenzregierungen beherrschen jedoch bei weitem nicht das ganze Land. So hat die Islamistenmiliz «Islamischer Staat» (IS), die in Teilen Syriens und des Iraks ein Kalifat ausgerufen hat, in von ihr eroberten Gebieten Nordlibyens eine «Provinz» eingerichtet. Auch Al-Kaida und regionale Milizen sind in Libyen aktiv.
Nach einem Treffen mit al-Sarradsch begrüsste der UNO-Vermittler Martin Kobler den Verzicht der Islamisten. «Eine gute Nachricht. Nun müssen Worten Taten folgen», schrieb Kobler auf Twitter.
Aussöhnung als Ziel
Die Islamisten in Tripolis, die zusammen mit verbündeten Milizen die Hauptstadt und den Westen Libyens seit 2014 beherrschen, hatten wiederholt gegen das Eintreffen des designierten Ministerpräsidenten protestiert und dies als illegal bezeichnet. Islamistische Milizen drohten bis zuletzt mit Widerstand. Unklar ist auch, welche Unterstützung die Einheitsregierung im Osten des Landes – bei der Regierung in Tobruk – finden wird.
Al-Sarradsch kündigte bei seinem Eintreffen in Tripolis an, eine Aussöhnung und die Rückkehr von Vertriebenen anzustreben. Seine Regierung werde einen Plan vorlegen und zur Zusammenführung der Bemühungen im Kampf gegen den IS aufrufen.