Das Wichtigste in Kürze:
- Der aussichtsreiche französische Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron strebt einen «radikalen Umbau» seines Landes an.
- Er wolle gleichzeitig Blockaden beseitigen und die Schwächsten schützen, sagte Macron bei der Vorstellung seines Wahlprogramms.
- Der 39-jährige frühere Wirtschaftsminister unter Präsident François Hollande tritt als unabhängiger Bewerber an.
- Für SRF-Korrespondent Charles Liebherr hat Macron durchaus Wahlchancen – vor allem aber wegen der unter Druck geratenen Mitbewerber.
Aus dem Wahlkampf
Emmanuel Macron ist für viele Französinnen und Franzosen der Hoffnungsträger im Präsidentenwahlkampf. 52 Tage vor dem ersten Wahlgang sieht bereits fast ein Viertel der Befragten ihn als Favoriten für die Nachfolge von François Hollande. Nun hat Macron sein Wahlprogramm vorgestellt. Er versucht, weitreichende Reformen und das Bedürfnis nach sozialer Sicherheit zu verbinden.
Europafreundlicher Kandidat
«Die Gesellschaft, die ich will, ist zugleich von ihren Blockaden befreit und schützt die Schwächsten», sagte Macron bei der lange erwarteten Vorstellung seines Wahlprogramms. Seinen beiden wichtigsten Konkurrenten François Fillon und Marine Le Pen warf Macron vor, mit ihrer Kritik an den Ermittlungsbehörden den Rechtsstaat anzugreifen.
Macron will im Fall eines Wahlsiegs die Beschäftigung von Familienmitgliedern durch Parlamentarier verbieten. Abgeordnete sollen auch nicht mehr als Berater tätig sein können, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Der 39-Jährige kandidiert als unabhängiger Bewerber und positioniert sich «weder rechts noch links». Er vertritt eine klar europafreundliche Linie und will damit der Rechtspopulistin Le Pen Paroli bieten.
Zahlreiche Reformen geplant
Macrons Programm sieht Reformen des Rentensystems, der Arbeitslosenversicherung und des Arbeitsrechts vor. Er will auch Entlastungen für Geringverdiener. Zugleich verspricht Macron, über fünf Jahre 60 Milliarden Euro einzusparen, um Frankreichs Defizit zu reduzieren.
So will Macron etwa Anteile an solchen Firmen verkaufen, an denen der Staat nicht die Mehrheit hält. Er werde Aktien im Wert von insgesamt zehn Milliarden Euro abstossen, kündigte er an. Das Geld solle in einen «Fonds für Industrie und Innovation» fliessen, mit dem künftige Projekte finanziert werden sollten.
Der französische Staat ist traditionell in grossem Ausmass an Firmen beteiligt, und eine Verringerung dieses Engagements dürfte linke Wähler abschrecken.
Rentenalter 62 wird beibehalten
Um diese Wählerschichten wirbt der frühere Investmentbanker Macron mit dem Versprechen, Arbeitgeber zu bestrafen, die zu viele befristete Arbeitsverträge abschliessen. Macron kündigte zudem an, die grossen Unterschiede zwischen Pensionen im öffentlichen Dienst und Renten in der Privatwirtschaft anzugleichen. Das Rentenalter will er bei 62 Jahren belassen.
Vergangene Woche hatte er bereits erklärt, er wolle der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit Vorrang einräumen. Die Arbeitslosenquote könne von derzeit zehn auf sieben Prozent im Jahr 2022 verringert werden. Zugleich schlug er vor, die Unternehmenssteuer von 33,3 auf 25 Prozent zu senken. Die Zahl der Staatsbediensteten will Macron um 120'000 verringern.
Auf Kritik könnte sein Vorhaben stossen, die Zahl der Abgeordnetensitze in beiden Kammern des Parlamentes um ein Drittel zu verringern. In der Nationalversammlung, dem Unterhaus, sitzen 577 Abgeordnete. Im Senat sind es 348.
Kritik der politischen Gegner
Seine politischen Gegner kritisierten Macrons Programm sogleich als Fortschreibung der glücklosen Präsidentschaft Hollandes. Macron war unter dem Sozialisten, der nicht mehr antritt, zwei Jahre lang Wirtschaftsminister.
Auf europäischer Ebene fordert Macron einen eigenen Haushalt für die Eurozone. Er wolle Deutschland sagen, dass Europa eine «Politik der Solidarität und der wirtschaftlichen Belebung» brauche, erklärte der Politiker.
Macron liegt in Umfragen für den ersten Wahlgang auf Platz zwei hinter Le Pen, in einer Stichwahl gegen die Rechtspopulistin könnte er derzeit mit einem klaren Sieg rechnen.
Frankreich wählt seinen neuen Staatschef in zwei Wahlgängen am 23. April und am 7. Mai.