SRF News: Weshalb wurde Salmans Rede so gespannt erwartet?
Fredy Gsteiger: Weil im Moment sehr viele Fragen im Zusammenhang mit Saudi-Arabien offen sind und man Erkenntnisse hätte haben wollen vom neuen König. Aussenpolitisch: Was will das Land mit seinem Krieg in Jemen erreichen? Will und wird es in Syrien eine konstruktive Rolle spielen? Ist Saudi-Arabien bereit, zumindest ein bisschen auf Distanz zur reaktionären Auslegung des Islams zu gehen, der weltweit den Nährboden schafft für den dschihadistischen Terror?
Innenpolitisch: Bricht das Land auf zu sehr zögerlichen Reformen, wie sie der Vorgänger König Abdullah angestossen hat? Wird Salman sie fortführen? Zudem steht Saudi-Arabien vor dem enormen Problem, dass es wegen des niedrigen Ölpreises allmählich seine Wirtschaft umbauen muss.
Viele Fragen also – hat man Antworten bekommen?
Am klarsten waren die Antworten von König Salman noch zur Wirtschaftspolitik. Hier räumte er ein, dass man allmählich von der totalen Öl-Abhängigkeit wegkommen, diversifizieren und ausländische Investoren anlocken müsse. Zur Aussenpolitik sagte er hingegen wenig neues: Saudi-Arabien sei für eine politische Lösung in Syrien; er bekräftigte ein weiteres Mal, dass Diktator Assad im Grunde an allem Schuld sei, was in Syrien schieflaufe; er kritisierte auch Iran wegen seiner Rolle in Syrien. Überhaupt nichts hörte man von Salman zur Innenpolitik und zur Frage von Reformen – das lässt natürlich den Schluss zu, dass er gar keine Reformen will. Eine insgesamt sehr enttäuschende Rede.
Das Gespräch führte Simone Fatzer.