Wenn Donald J. Trump Journalisten durch sein Büro in New York führt, dann zeigt er gern auf seine Wand und goldgerahmte Titelseiten von Zeitschriften – alle zieren das Antlitz des Immobilienmoguls.
Er sei auf mehr Titelblättern erschienen als alle Supermodels zusammen, prahlt er dann. Wie in einem Kiosk stapeln sich die Zeitschriften auf seinem Schreibtisch und überall blickt Trump vom Cover sich selbst entgegen. Der eitle Milliardär scheint süchtig danach. Jeden Morgen lässt er sich eine Liste dazu geben, wie oft er in den Medien weltweit erwähnt wurde. Das, und nicht sein Vermögen, gibt ihm den Kick.
Die Medien spielen mit und berichten seitenlang, stundenlang. Erst recht, seit klar ist, dass der Mann mit der rotblonden Helmfrisur ins Weisse Haus will.
Schock und Skandal – beides gut
Professor David Karpf von der George Washington Universität ist klar, dass «Trump eine spezielle Gabe hat, auf Twitter und anderen Social Media-Kanälen politisch unkorrekte Aussagen oder Pöbeleien zu verbreiten, die von den Medien aufgegriffen werden». Anders als reguläre Politiker kenne Trump kein Schamgefühl. Das sorge für Wirbel, und der wiederum für Schlagzeilen. Immer aufs Neue.
Dazu komme, dass man auf den Redaktionen dank Einschaltquoten und Click-Zahlen genau sehe, wie populär Berichte über Trump seien, erklärt der Medienprofessor. Mit anderen Worten: Trump schockiert und skandalisiert – und darüber zu berichten, ist gut fürs Geschäft.
Medienfreiheit ist Trump egal
Ein symbiotisches Verhältnis – aber kein gleichberechtigtes. Donald Trump gibt in dieser Zweier-Kiste klar den Takt vor. Wer ihn nicht lobt oder gar kritisiert, bekommt seinen Zorn zu spüren. Oft via Twitter, meistens unter der Gürtellinie. An Anlässen greift der Präsidentschaftskandidat die anwesenden Journalisten sogar frontal an.
«Ihr gehört zu den unehrlichsten Menschen auf dieser Welt», ruft er zu den Kameraleuten, während seine Anhänger johlen. «Widerlich!!» Eine ungemütliche Situation für die Journalisten, in der Regel nur durch ein Gitter getrennt von den aufgepeitschten Trump-Fans. Kürzlich kam es sogar zu einer Handgreiflichkeit.
«Die US-Medien brauchen eine gut funktionierende Demokratie. Und ich bin mir nicht sicher, ob wir eine solche haben würden unter einem Präsidenten Trump.» Er habe zum Beispiel bereits angekündigt, dass er Klagen gegen Journalisten einfacher machen will. «Die Pressefreiheit ist ihm egal», so David Karpf. Die Medien müssten realisieren, dass ihre Freiheit unter einem Präsident Trump gefährdet sei.
Trumps Lügen stören noch nicht mal die Gegner
Umso erstaunlicher, dass nur an die nächste knackige Schlagzeile gedacht wird. Mit wenigen Ausnahmen fehlt die kritische Berichterstattung über Trump. Selbst Renommierblätter wie die New York Times beginnen erst langsam, die Vergangenheit Trumps auszuleuchten.
Die Internet-Seite Politico berichtet, dass Trump allein letzte Woche mindestens 60 falsche und fehlerhafte Aussagen gemacht hat. Doch das scheint niemanden zu stören, nicht mal die Gegner.
«Trump sagt jeden Tag so viele haarsträubende Dinge. Die Journalisten können gar nicht allen nachgehen. Und wenn sie mal einer Sache auf den Grund gehen wollen, werden sie durch die nächste Provokation abgelenkt», versucht David Karpf die Trump‘sche Strategie zu erklären. Um zu bestehen, so der Professor, müssten die Medien ihre Hausaufgaben ganz anders machen als bisher.