Nach dem Meteoritenhagel rund um die russische Millionenstadt Tscheljabinsk im Ural haben die Behörden einen etwa sechs Meter breiten Krater entdeckt.
Das Loch am Ufer des Tschebarkul-Sees rund 80 Kilometer westlich von Tscheljabinsk könnte die Absturzstelle des Meteoriten sein, der am frühen Morgen über der Region explodiert war.
Bei dem Absturz waren Gesteinsbrocken wie Feuerbälle auf die Erde gefallen. Eine enorme Druckwelle liess Fensterscheiben zerbersten und beschädigte Gebäude. Nach Medienberichten ist die Zahl der Verletzten auf 1200 gestiegen, unter ihnen viele Kinder. Die meisten Menschen erlitten leichtere Verletzungen, etwas mehr als 100 mussten in Spitälern behandelt werden.
«Dann gab es einen Blitz»
Augenzeugen berichteten, gegen 9.20 Uhr habe es einen lauten Knall gegeben. «Dann gab es einen Blitz, ich sah eine Rauchfahne am Himmel und spürte die Druckwelle, die Fensterscheiben eindrückte», beschrieb ein Reuters-Korrespondent in Tscheljabinsk. Alarmanlagen von Autos gingen los, Mobiltelefone funktionierten nicht mehr.
«Ich war auf dem Weg zur Arbeit, und es war noch dunkel», berichtete ein weiterer Augenzeuge. «Aber plötzlich war es taghell. Ich fühlte mich wie von Scheinwerfern geblendet.» Videoaufnahmen von Amateuren unterstreichen diese Schilderungen. Viele der Bilder wurden aus fahrenden Autos heraus aufgenommen.
«Der Meteorit zerfiel in Dutzende Bruchstücke», sagte ein Sprecher des Katastrophenschutzministeriums. «Die meisten Splitter sind verdampft, einige schafften es aber bis zur Erdoberfläche», gab ein Forscher der Wissenschaftsakademie zu Protokoll. Er vermutet, dass es sich um einen Nickel-Eisen-Meteoriten handelte. Nur ein solcher Körper sei fest genug, um die unteren Schichten der Atmosphäre zu erreichen.
Ein Astronom meinte, dass der Meteorit vor dem teilweisen Verglühen mehrere Tonnen schwer gewesen sei. Splitter könnten demnach jeweils bis zu einem Kilogramm wiegen.
30 Kilometer pro Sekunde
Nach Angaben der russischen Weltraumbehörde Roskosmos raste der Himmelskörper mit einer Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Sekunde auf die Erde zu. Die Explosion des Himmelskörpers löste angeblich einen Überschallknall aus. Dann folgte ein «Meteoritenregen in Form von Feuerbällen», wie es das Katastrophenschutzministerium umschrieb.
Aufgrund der ungewöhnlichen Flugbahn haben weder die russischen noch die ausländischen Beobachtungsstationen den Meteoriten aufspüren können. Der Meteorit sei aus der Richtung der Sonne gekommen, berichten Weltraumforscher der Universität Moskau. Sie könnten jedoch nur Meteoriten aus der Richtung des Nachthimmels registrieren.
Es sei das erste Mal, dass ein Meteorit über Russland in so geringer Höhe zerborsten sei, teilte das örtliche Katastrophenschutzministerium mit. Die Behörden stellten Trupps zusammen, die nach Resten des Meteoriten suchen sollten. Es sei keine erhöhte Radioaktivität gemessen worden.
Moskau will Schutzsystem errichten
Atomanlagen der Gegend seien nicht betroffen, teilte der Staatskonzern Rosatom mit. Vize-Regierungschef Dmitri Rogosin sprach sich für eine internationale Initiative zur Errichtung eines Schutzsystems aus. Es soll frühzeitig vor gefährlichen Objekten aus dem Weltall warnen und diese auch zerstören können.
Weder Russland noch die USA hätten die Möglichkeit zur Abwehr solcher Objekte, meinte der für die Raumfahrt zuständige Politiker. Eine Kommission der russischen Rüstungsindustrie werde sich nun mit dieser Frage befassen, kündigte Rogosin an.
Seltenes Phänomen
Laut der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) hat der Meteoriten-Einschlag im Ural nichts mit dem Asteroiden zu tun, der heute in der Nähe der Erde vorbeizieht.
Meteoriten-Einschläge von diesem Ausmass sind ein seltenes Phänomen. 1908 wurde ein Einschlag in Sibirien verzeichnet, der eine Fläche von 2000 Quadratkilometern zerstörte. Selbst in 200 Kilometer Entfernung sollen damals noch Scheiben zu Bruch gegangen sein. Kleinere Meteoriten und Gesteinsbrocken treten jedoch ziemlich häufig in die Erdatmosphäre ein.