Zum Inhalt springen

International Nach Kampfjet-Abschuss: Putin droht mit «ernsten Konsequenzen»

Die Türkei hat ein russisches Kampfflugzeug an der syrischen Grenze abgeschossen. Angeblich hatte es den türkischen Luftraum verletzt. Doch es gibt auch Stimmen, wonach der Jet über Syrien getroffen wurde. Der Vorfall hat bereits diplomatische Konsequenzen. Die Nato warnt vor einer Eskalation.

Der Abschuss eines russischen Kampfjets an der syrischen Grenze führt zu heftigen Spannungen zwischen Russland und der Türkei. «Wir werden solche Verbrechen nicht dulden», sagte Russlands Präsident Wladimir Putin in einer live vom Staatsfernsehen übertragenen Rede. «Die Handlanger von Terroristen sind uns in den Rücken gefallen», sagte Putin. Der Vorfall werde «ernste Konsequenzen» für die Beziehungen beider Länder haben.

Mehr zum Thema

Unterschiedliche Angaben

Wie es zu dem Vorfall kam und vor allem wo, dazu gibt es in beiden Ländern unterschiedliche Darstellungen.

Nach türkischen Angaben hatte ein Flugzeug unbekannter Herkunft den türkischen Luftraum verletzt und innerhalb von fünf Minuten zehn Warnungen ignoriert. Zwei türkische F16-Kampfflugzeuge hätten den Kampfjet vom Typ Suchoi Su-24 daraufhin den Einsatzregeln entsprechend am Morgen in der Grenzregion Hatay attackiert. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu verteidigte den Abschuss. Sein Land habe in diesem Fall das Recht, sich zu verteidigen.

Russland hingegen bestreitet, dass der Kampfjet sich im türkischen Luftraum bewegt habe. Das Flugzeug sei über syrischem Gebiet von F-16-Jets abgeschossen worden, sagte Präsident Putin. Es habe sich einen Kilometer von der Grenze entfernt in einer Höhe von 6000 Metern befunden. Zerschellt sei die Maschine vier Kilometer hinter der Grenze. Die Türkei sei in keiner Form bedroht worden.

US-Kreise: Jet gemäss Wärmedaten über Syrien getroffen

Die Maschine sei zwar kurzzeitig im türkischen Luftraum gewesen, dort aber nicht getroffen worden, sagte ein Vertreter der US-Regierung, der nicht namentlich genannt sein wollte, gegenüber der Agentur Reuters. Die Beurteilung, dass das Flugzeug über Syrien getroffen wurde, basiere auf Wärmedaten des Jets.

Ein Sprecher des russischen Generalstabs dementierte zudem, dass es vor dem Abschuss Warnungen gegeben habe. Es gebe keine Hinweise auf Funk- oder Sichtkontakt. Dass es Warnungen gegeben habe, stützt allerdings auch das US-Verteidigungsministerium. Ein Sprecher sagte, amerikanische Piloten hätten «alles gehört», was vor dem Abschuss zwischen den Jets kommuniziert worden sei. Demnach habe es zehn Warnungen gegeben. Nach Einschätzungen von SRF-Korrespondentin Ruth Bossart wollte die Türkei mit dem Abschuss signalisieren, dass das Land seinen Luftraum rigoros schützen will.

Mindestens ein Pilot ist tot

Über das Schicksal der beiden Kampfjet-Piloten herrschte zunächst Unklarheit. Inzwischen hat der russische Generalstab bestätigt, dass mindestens einer von ihnen ums Leben kam. Unklar ist, ob der zweite noch lebt. In ersten Meldungen hatte es geheissen, beide hätten sich mit dem Schleudersitz retten können. Einer von ihnen sei daraufhin von einer syrischen Rebellengruppe erschossen worden. Eine Bestätigung für diese Angaben gibt es aber bislang nicht.

Nato warnt vor Zuspitzung

Der Abschuss zog schnell diplomatische Konsequenzen nach sich. Beide Länder bestellten jeweils gegenseitig hochrangige Vertreter ein. Der russische Aussenminister Sergej Lawrow sagte einen für Mittwoch geplanten Türkei-Besuch ab und rief seine Landsleute auf, nicht ins Land zu reisen.

Die Nato-Staaten kamen am Abend auf Bitten der Türkei zu einer Sondersitzung zusammen. Sie sicherten ihrem Bündnispartner ihre Solidarität zu. Gleichzeitig warnten sie allerdings vor einer weiteren Zuspitzung der Lage. «Ich rufe zu Ruhe und zu Deeskalation auf», sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel.

Angespanntes Verhältnis

Die Beziehungen zwischen Russland und der Türkei sind seit längerem angespannt. SRF-Korrespondent Christoph Franzen meint: Mit einem solchen Abschuss habe «Putin schlicht nicht gerechnet».

Russland unterstützt seit Ende September das syrische Regime mit Luftangriffen im Kampf gegen Aufständische. Die Türkei hingegen ist ein Gegner des Regimes von Baschar al-Assad und hat sich mit der turkmenischen Minderheit im Nachbarland solidarisch erklärt.

Über Syrien sind die Luftwaffen gleich mehrerer Staaten im Einsatz. Eine von den USA geführte Allianz, zu der auch Frankreich gehört, greift Stellungen der IS-Miliz an. Die USA werfen der Regierung in Moskau vor, nicht nur den IS, sondern auch gemässigte Gegner von Präsident Assad zu bombardieren.

Meistgelesene Artikel