Erich Gysling befürchtet in der Sendung «10vor10» das Schlimmste, das hätten die Entwicklungen in Syrien gezeigt: «Sobald in einer Bewegung ein Vakuum entsteht, drängen radikalste, der Al-Kaida nahestehende Kreise hinein.»
Welle der Gewalt
Der Nahost-Experte rechnet damit, dass dies nun sehr rasch auch in Ägypten geschehen werde. Oder bereits geschieht, das zeigen ihm Bilder von schwer bewaffneten Leuten auf der Seite der Muslimbruderschaften. Gysling erwartet mit dem Aufkommen von radikalen Islamisten den Ausbruch eines Bürgerkriegs.
Kompromisslosigkeit als einzige Lösung
Auf Meinungen aus dem westlichen Ausland hätten die Ägypter schon lange nicht viel gegeben, sagt Gysling. Saudiarabien und die Vereinigten Arabischen Emirate seien viel einflussreichere Mächte, «beide haben der Übergangsregierung zweistellige Milliardenbeträge zugesichert».
Für einen Dialog ist es längst zu spät, «den haben beide Seiten verpasst». Eine Versöhnung sei ausgeschlossen. Das Kämpfen bis zum Tod, die absolute Kompromisslosigkeit erscheint den Muslimbrüdern gemäss Gysling als einziges Mittel zum Erfolg. Zugeständnisse hätten der Bruderschaft in der Vergangenheit nie etwas gebracht. Deshalb: «Sie haben gelernt. Wenn man genügend lange bleibt, kann man sich irgendwann einmal durchsetzen.»
Die Unruhen werden weitergehen, davon ist Tomas Avenarius, Korrespondent für «Süddeutsche» und «Tages-Anzeiger», überzeugt:«Die Leute gehen mit Todesverachtung auf die Polizei los, nicht nur in Kairo, sondern im ganzen Land.»
Die Übergangsregierung ist nach dem Rücktritt von Vize Baradei gemäss Einschätzung von Avenarius kaum mehr als ein «Marionettenkabinett der Armee». Die Armee könne die Kontrolle über die Situation bestenfalls in Kairo zurückgewinnen. Auf dem Land seien die Islamisten traditionell stärker.