Das Wichtigste in Kürze
- Alexej Nawalny will bei der russischen Präsidentenwahl im nächsten Jahr gegen Präsident Wladimir Putin antreten.
- Er hat seinen Kampagne bereits gestartet, obwohl noch nicht klar ist, ob er zur Wahl überhaupt zugelassen wird.
- Sein Erfolg ist gewaltig – vor allem bei den Jugendlichen. Er spricht ihre Sprache und nutzt ihre Kanäle.
- Zehntausende haben sich ihm bereits als Kampagnenhelfer angedient.
Im Wahlkampf-Büro von Alexej Nawalny in St. Petersburg wird diskutiert. Der 40-jährige Oppositionspolitiker will im nächsten Jahr gegen Präsident Wladimir Putin antreten. Noch ist unklar, ob er zur Wahl überhaupt zugelassen wird.
Nawalny betreibt trotzdem schon Wahlkampf, und der Erfolg ist gewaltig: Über 70'000 Russen und Russinnen haben sich schon als Kampagnenhelfer eingeschrieben.
Zum Beispiel Andrei
Die meisten Helferinnen und Helfer sind noch sehr jung. Einer von ihnen ist der 21-jährige Student Andrei. Ihm gehe es nicht um die Person von Nawalny, sagt er. «Es geht darum, dass nicht immer die gleichen Leute an der Macht sein sollen. Nawalny ist der einzige, der derzeit die Chance hat, etwas zu verändern.»
Andrei ist nicht freiwilliger Wahlkampfhelfer wie die meisten anderen Jungen hier. Er arbeitet als Assistent der Kampagnenleiterin in St. Petersburg. Weshalb er sich für die Stelle beworben hat, erklärt er so: «Ich will nicht in einem solchen Land leben. Am Schlimmsten finde ich, dass die Menschenrechte verletzt werden und wir keine Meinungsfreiheit haben.» Auch gebe es in Russland fast keine Möglichkeit, sozial aufzusteigen. Es sei wahnsinnig schwierig für Junge, eine Karriere aufzubauen.
Auch Alina hilft mit
Was Andrei schildert, sagen auch andere, die sich für Nawalny engagieren – etwa die 23-jährige Alina: «Mir scheint, die jetzige Staatsmacht hat sich schon abgenutzt. Seit 17 Jahren sind Wladimir Putin und seine Leute an der Macht. Seit 17 Jahren sagen sie, das Leben werde besser und besser. Ich merke aber nichts davon – da ist ja offensichtlich, dass etwas nicht stimmt.»
Wir schauen kein Fernsehen, schon gar nicht die staatlichen Programme.
Alina hilft im St. Petersburger Büro mit, Nawalnys Ideen in sozialen Netzwerken zu verbreiten. Hier liegt auch einer der Schlüssel zu Nawalnys Erfolg bei den Jungen. Er spricht ihre Sprache und er benutzt ihre Kanäle.
Nawalny trifft den Nerv der Jungen
Bekannt geworden ist Nawalny mit Internet-Videos, in denen er korrupte Machenschaften im Umfeld des Kremls anprangert. Inzwischen veröffentlicht Nawalny einmal pro Woche eine Video-Kolumne auf dem Online-Portal Youtube.
«Hier ist Alexej Nawalny», sagt er im neuesten Video. «Wenn Ihr mir eine Frage stellen möchtet, schreibt mir auf Twitter.» Später in der Sendung macht sich Nawalny über einen Kreml-nahen Oligarchen lustig. Das Programm ist populär: Rund eine Million Mal werden die Videos jeweils angeklickt.
Nawalny spricht nicht nur eine andere Sprache, er steht auch für andere Inhalte in der russischen Politik. Er strebt ein besseres Verhältnis zu Europa an, will die Justiz reformieren und vor allem in Russland wieder ein weltoffenes politisches System schaffen.
Auch damit trifft er den Nerv der Jungen. Wahlkampf-Helferin Alina sagt, ihre Generation gleiche der ihrer Eltern nicht mehr: «Wir schauen kein Fernsehen, schon gar nicht die staatlichen Programme. Wir informieren uns im Internet – und wir reisen viel, auch im Ausland. Wir wissen, wie die Menschen dort leben.»
Und der Kreml erhöht den Druck
Für den Kreml sind die jungen Nawalny-Unterstützer zu einem Problem geworden. Als der Oppositionelle Ende März zu landesweiten Demonstrationen aufrief, kamen zehntausende Menschen: viele davon Schüler und Studenten. Die Behörden schlugen zurück: Über 1500 Personen wurden festgenommen.
Die jungen Leute in St. Petersburg beeindruckt diese Repression nicht. Alina lacht sogar, wenn sie auf das Thema zu sprechen kommt: «Klar, es passiert immer wieder etwas. Vor einigen Wochen hat jemand versucht, unser Wahlkampfbüro anzuzünden.» Die verkohlte Tür von damals könne man gerne bei ihnen besichtigen, als Denkmal sozusagen, meint sie ironisch. «Nein, Angst haben wir nicht.»