Knapp 3000 Rechtspopulisten, Neonazis und andere fremdenfeindliche Demonstranten sind am Samstag durch das Berliner Regierungsviertel und vorbei am Reichstagsgebäude marschiert.
Sie skandierten Parolen gegen Flüchtlingsheime, «Merkel muss weg», «Wir sind das Volk» und «Lügenpresse». Die Zahl der Teilnehmer war deutlich höher als von den Behörden erwartet.
1300 Polizisten im Einsatz
Versuche aus den Reihen von mehr als 1000 Gegendemonstranten, die genehmigte Route zu versperren, scheiterten. Es kam zu kleineren Zusammenstössen mit der Polizei. Insgesamt waren nach offiziellen Angaben 1300 Polizisten im Einsatz. Angemeldet waren lediglich 200 Rechte.
Berlins Innensenators Frank Henkel und der Verfassungsschutz hatten in den vergangenen Tagen von einer erwarteten Teilnehmerzahl im «unteren dreistelligen Bereich» gesprochen. Radio Berlin-Brandenburg (rbb) berichtet, bundesweit sei «monatelang zu der Demonstration in den sozialen Netzwerken aufgerufen» worden. Die Demo unter dem Motto «Merkel muss weg» war von einer Initiative «Wir für Berlin & Wir für Deutschland» angemeldet worden.
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Reichskriegs- und Russenflaggen
In früheren Jahren mussten Rechtsextremisten meist entfernt von der Innenstadt demonstrieren. Andere Aufmärsche, etwa der NPD in Kreuzberg und Prenzlauer Berg, wurden von so vielen Gegendemonstranten blockiert, dass sie kaum von der Stelle kamen und von der Polizei vorzeitig beendet wurden.
Deutlich erkennbar waren am Samstag ganze Gruppen von Neonazis, Hooligans, sogenannten Reichsbürgern, Pegida-Sympathisanten und auch Rocker. Einige schwenkten Deutschland-Fahnen, aber auch nachgeahmte Reichskriegsflaggen, die russische Nationalflagge und Fahnen aus Brandenburg und Sachsen.
Sie zogen vom Hauptbahnhof entlang der Spree, vorbei am ARD-Hauptstadtstudio und dem Reichstagsgebäude bis fast ans Brandenburger Tor. Die Demonstrationsstrecke war zu den Seiten mit Gittern abgesperrt.
Aggressive Stimmung
Einen Versuch von rund 200 Protestierern, die Rechten zu blockieren, unterband die Polizei mit dem Einsatz von Reizgas. An vielen Absperrungen standen sich Rechtsextremisten und Gegendemonstranten aggressiv gegenüber. Besonders Neonazis drohten mit Gewalt und hetzten massiv. Nur die Anwesenheit der Polizei verhinderte Angriffe und Schlägereien.
Bischof bezieht Stellung
Aufgerufen zum Gegenprotest hatten unter anderem Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, linke Gruppen und der Türkische Bund. Auf Transparenten hiess es dort unter anderem «Asyl ist ein Grundrecht. Rassismus nicht».
Der evangelische Bischof Markus Dröge sagte laut einer Pressemitteilung, er wolle keine Empfehlung für die Wahlen in Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und im September in Berlin abgeben. Aber: «Schenken Sie Ihr Vertrauen denen, die sich für die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts einsetzen, für den Schutz aller Menschen vor Gewalt, Menschenfeindlichkeit und Fremdenhass.»