So nah wie jetzt war eine Lösung des Zypernkonflikts seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr. Damals einigten sich die Führer der Griechisch- und der Türkisch-Zyprer auf den sogenannten Annan-Plan, benannt nach dem damaligen UNO-Generalsekretär Kofi Annan. Doch 2004 votierten die Griechisch-Zyprer dagegen – und man war wieder auf Feld eins.
Entscheidende Verhandlungsrunde
Inzwischen haben die Akteure gewechselt. Der türkische Teil der Insel wird von Mustafa Akinci regiert, der griechische von Nikos Anastasiades. Beide wollen eine Versöhnung. Seit zweieinhalb Jahren verhandeln sie miteinander unter der Schirmherrschaft der UNO. Nun gehen diese Verhandlungen auf dem Mont-Pèlerin über dem Genfersee in die entscheidende Runde.
Ban Ki-Moon fliegt dafür eigens ein. Der sonst meist vorsichtige UNO-Generalsekretär erklärte im Vorfeld ungewohnt forsch, dass die Teilung Zyperns noch vor Ende dieses Jahres überwunden und damit einer der ältesten politischen Konflikte beigelegt sein werde. Die Insel soll zu einem Bundesstaat mit zwei gleichberechtigten Teilen werden.
Lehren aus früheren Fehlern gezogen
Die Lehre der UNO aus dem Scheitern des Annan-Planes vor zwölf Jahren ist, dass diesmal nicht UNO-Beamte und UNO-Vermittler den zyprischen Volksgruppen eine pfannenfertige Lösung vorlegen. Die Zyprer selber sollen sich verständigen. Es soll diesmal ihr eigener Friedensplan sein. Die UNO sieht sich nur als Förderin und Begleiterin.
Tatsächlich haben Akinci und Anastasiades bereits viele Konfliktpunkte abgearbeitet. Es bleiben hauptsächlich noch zwei Differenzen: Erstens die Rückgabe von griechisch-zypriotischem Boden, der 1974 von türkischen Truppen besetzt wurde. Zweitens die Frage, ob nach der Wiedervereinigung türkische Soldaten auf der Insel bleiben dürfen.
Heikle Stationierung türkischer Truppen
Die Türkisch-Zyprer wollen die Türkei als eine Garantiemacht des vereinten Zyperns behalten. Die Griechisch-Zyprer finden, in einem EU-Land seien Garantiemächte überflüssig.
Ein Durchbruch auf dem Mont-Pèlerin hätte auch für die Europäische Union Konsequenzen – möglicherweise durchaus brisante. Über ihren Einfluss auf die Türkisch-Zyprer erhielte die Türkei nämlich einen starken Hebel, um EU-Entscheidungen zu beeinflussen.