Deutschland stehe zum Grundsatz des friedlichen Miteinanders, zum Grundsatz, dass keine deutschen Waffen in Kriegsgebiete geliefert werden, dass Konflikte politisch und nicht militärisch gelöst werden müssen.
Aber es gebe Ausnahmen, meinte Kanzlerin Merkel in ihrer Regierungserklärung zu Beginn der Debatte: «Es gibt Situationen, in denen nur noch militärische Mittel helfen, um wieder eine politische Option zu haben.»
Man habe schwer gerungen um diesen Entscheid, sagte Merkel. Aber angesichts des unvorstellbaren Terrors, der von der Armee des «Islamischen Staates» (IS) ausgehe – angesichts von Hunderttausenden, die umgebracht, verstümmelt, vertrieben würden, angesichts auch der Tatsache, dass die IS weiter im Vormarsch sei, habe man keine andere Wahl gesehen als die Kurden mit den Waffen auszurüsten, die es ihnen überhaupt erst ermöglichten, sich den gut ausgerüsteten Terroristen entgegenzustellen.
Linkspartei befürchtet Abspaltung der Kurden
Natürlich gelte es, vor allem humanitäre Hilfe zu leisten. Das werde für Deutschland auch weiterhin im Vordergrund stehen. Aber, so Merkel an die Adresse derer, die verlangen, jetzt erst mal über die UNO nach einer Lösung zu suchen: «Können wir wirklich warten und hoffen, dass andere sich dieser akkuten Gefahr stellen? Nein, dies entspricht nicht unserer Vorstellung von Verantwortung in so einer Situation.»
Oppositionsführer Gregor Gysi von der Linkspartei kritisierte dieses Vorgehen, Waffen an die Kurden im Irak zu liefern, als Irrweg. Erstens bestehe das Risiko, dass die Waffen irgendwann in falsche Hände kämen. Zweitens müsse – wenn überhaupt – ein völkerrechtlich korrekter Weg gewählt werden und das gehe nur über die UNO und schliesslich bestehe die Gefahr, dass die Kurden im Nordirak die Waffen dazu verwendeten, sich vom Irak zu trennen und einen eigenen Staat zu erkämpfen. «Das ist der Antrieb, weshalb die nordirakische Regierung überhaupt die Waffen haben will.»
Niemand kann kontrollieren, wo diese Waffen am Ende landen oder zu welchem Zweck sie später eingesetzt werden.
Anton Hofreiter, Fraktionschef der anderen Oppositionspartei, der Grünen, unterstütze zwar ausdrücklich das Vorgehen der USA, welche die IS aus der Luft bekämpften und damit halfen, die Terroristen an bestimmten Stellen zurückzudrängen. Er erinnerte auch ausdrücklich daran, dass bei den Völkermorden in Ruanda und Ex-Jugoslawien militärisches Eingreifen richtig war, oder im Falle Ruandas, gewesen wäre. Und dennoch seien in diesem Fall Waffenlieferungen Deutschlands an die Kurden der falsche Weg. Hauptgrund auch für ihn: «Niemand kann kontrollieren, wo diese Waffen am Ende landen oder zu welchem Zweck sie später eingesetzt werden.»
Hofreiter erinnerte daran, dass die IS-Terroristen heute mit erbeuteten Geländewagen und Panzern der Amerikaner herumfahren, dass Boko Haram in Nigeria heute mit französischen Waffen, die an Libyen geliefert worden waren, ihr Volk terrorisierten. Das dürfe mit deutschen Waffen nicht geschehen. Gefragt sei eine international abgestimmte Strategie und vor allem humanitäre Hilfe.
SPD: Auch Nicht-Handeln hat Konsequenzen
«Alles richtig», entgegnete der Fraktionsführer der Regierungspartei SPD, Thomas Oppermann: Es bestehe sehr wohl das Risiko des Missbrauchs, es wäre auch wünschbar, wenn man über die UNO zu einer international vereinbarten Strategie käme. Aber: das Morden geschehe jetzt.
«Wer handelt, muss die Konsequenzen tragen. Aber Verantwortung tragen nicht nur diejenigen, die handeln. Verantwortung müssen wir auch für unser Nicht-Handeln tragen.» Genau dies hätten die von der Opposition angeführten Fälle von Ruanda und Jugoslawien ja deutlich gezeigt.
Mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien wurde schliesslich eine Resolution verabschiedet, welche die Waffenlieferung unterstützt. Die Linke stimmte geschlossen dagegen, bei den Grünen gab es eine grössere Anzahl von Enthaltungen.