Der demokratische Präsident kämpft für das historische Freihandelsabkommen. Doch der Widerstand ist gross, vor allem in der eigenen Partei. Er ergänzt die Vorlage mit zwei zusätzlichen Klauseln zum Schutz der Arbeitnehmer und der Umwelt. Und am Ende kommt der Deal doch nur dank den Republikanern durch den Kongress.
Der Präsident? Nicht Barack Obama, sondern Bill Clinton. Das Jahr? Nicht 2015, sondern 1993. Und der Vertrag? Nafta, das Nordamerikanische Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko. Nafta schaffe mehr Wachstum, eine bessere Umwelt und grössere Chancen für den Frieden, sagte Clinton damals ziemlich grossspurig.
Déjà-vu bei Argumenten der Gegner
Heute klingen die Argumente der Befürworter von Fast Track, einem Gesetz, das dem Präsidenten beim Aushandeln von Freihandelsabkommen mehr Spielraum gibt, fast gleich: mehr Wachstum, bessere Stellen.
Ein Déjà-vu auch bei den Argumenten der Gegner: Senator Bernie Sanders aus Vermont, einer der schärfsten Kritiker, sagt, was die Leute in den USA interessiere, sei doch nur das Eine: «Schaffen diese Abkommen neue Stellen?»
Die Antwort gibt der Sozialist und demokratische Präsidentschaftskandidat gleich selber: Natürlich nicht, das zeigten die Erfahrungen der Vergangenheit, Nafta etwa, sagt er. Seriöse Studien zu Nafta zeigen zwar auf, dass nicht klar ist, wie sehr das Abkommen für den Stellenverlust in der US-Industrie verantwortlich war und welche Rolle dabei andere Faktoren gespielt haben.
Doch Sanders interessiert das nicht. «Keine Abkommen mehr, dank denen Firmen hier ihre Schotten dicht machen und die Stellen nach Vietnam verlagern, wo der Mindestlohn 56 Rappen pro Stunde beträgt», sagt er gegenüber SRF News.
Auch Gewerkschaften lehnen sich auf
Die US-Gewerkschaften haben in den letzten Jahrzehnten an Einfluss verloren. Doch im Kampf gegen Fast Track gaben sie nochmals Gas. Ihr Argument: Nur so liessen sich die riesigen Freihandelsabkommen mit einigen Staaten des Pazifikraums und mit der Europäischen Union noch stoppen. Sie setzten wirtschaftsfreundliche Demokraten im Kongress massiv unter Druck.
Auch Hillary Clinton bekam das zu spüren. Sie weigerte sich lange, eine klare Position zu beziehen. Im Präsidentenamt würde sich niemand stärker für die Interessen der amerikanischen Arbeiter einsetzen als sie, behauptete Clinton vor jubelnden Anhängern.
Nicht genug für die Gewerkschaften. Dort erinnert man sich noch zu gut daran, wie Hillary Clinton Nafta gelobt hatte, und wie sie sich als Obamas Aussenministerin für Freihandelsabkommen eingesetzt hatte.
Clinton gibt sich im Wahlkampf vorsichtig
Sie müsse zuerst den Vertragstext kennen, wich Clinton aus. Letzte Woche dann diese Aussage: Wenn ich Senatorin wäre, würde ich wohl Nein stimmen zu Fast Track. Der Grund: Es gehe um das Verfahren, noch nicht um den Vertrag selber.
Clinton sichert sich ab. Es ist Wahlkampf. Doch genau davor haben die Freihandelskritiker Angst: Dass viele Parlamentarier, wenn das Abkommen einmal ausgehandelt ist und dem Kongress, wie in der Fast-Track-Vorlage vorgesehen, zur Annahme oder Ablehnung vorgelegt wird, fast nicht mehr anders können, als grünes Licht zu geben. So wie 1993 bei Nafta.