- Die Österreicher müssen ihren Bundespräsidenten neu wählen.
- Die Wahl findet im Herbst statt.
- Begründung des Gerichts: Briefwahlstimmen wurden nicht vorschriftsgemäss ausgezählt.
- Die für den 8. Juli vorgesehene Amtseinführung Alexander Van der Bellens enfällt.
Der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat entschieden: Die Bundespräsidentenwahl ist ungültig, die Stichwahl muss wiederholt werden. Neuwahlen werden für den Herbst erwartet.
«Die Entscheidung macht niemanden zu einem Verlierer oder Gewinner», erklärte Gerhart Holzinger, Präsident des Verfassungsgerichtshofs, in seiner Begründung. Das Urteil diene dazu, das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Demokratie zu stärken.
Probleme mit Auszählung der Briefstimmen
Das Gericht bemängelte Rechtswidrigkeiten in vielen Bezirken beim Wahlgang vom 22. Mai. So wurden vielerorts die Briefwahlstimmen nicht vorschriftsgemäss ausgezählt.
Die Briefe dürfen gemäss Wahlgesetz erst ab Montag, 9 Uhr ausgezählt werden, mancherorts wurde aber schon in der Nacht damit begonnen, teilweise ohne dass die Beisitzer anwesend waren. Trotzdem versicherten einige von ihnen am nächsten Tag mit ihrer Unterschrift, dass alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Sie müssen nun mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Wahlgesetze «rigoros» anwenden
Es sei für den Verfassungsgerichtshof völlig eindeutig, dass Gesetze, die eine Wahl regeln, rigoros angewendet werden müssten, sagte der Gerichtssprecher zum Urteil. Die Abstimmung per Brief an sich habe das Gericht aber nicht als verfassungswirdrig angesehen. Sie könne so bestehen bleiben. Zudem habe es keine Hinweise auf Wahlbetrug oder Manipulationen der Wahl gegeben, betonte das Gericht.
Knapper Wahlausgang im Mai
Der unabhängige Kandidat und frühere Grünen-Chef Alexander Van der Bellen hatte die Stichwahl am 22. Mai mit einem Vorsprung von nur knapp 31'000 Stimmen vor dem FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer gewonnen. Ausschlaggebend für Van der Bellens Sieg waren die rund 740'000 gültigen Briefwahlstimmen.
Die FPÖ hatte nach der knappen Niederlage ihres Kandidaten die Wahl wegen angeblicher Unregelmässigkeiten in 94 von 117 Bezirkswahlbehörden angefochten.
Amtseinführung abgesagt
Am 8. Juli hätte planmässig der Nachfolger von Bundespräsident Heinz Fischer vereidigt werden sollen. Der Sozialdemokrat scheidet nach zwölf Jahren verfassungsgemäss aus dem Amt.
Da nun eine Wiederholung der Wahl angeordnet wurde, übernimmt das dreiköpfige Präsidium des Nationalrats die Amtsgeschäfte des Staatsoberhaupts kommissarisch. Dem Präsidium gehört auch Hofer an.