Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOK), fand an der Abschlussfeier der Olympischen Spiele nur lobende Worte für Rio de Janeiro. «Wunderbare Spiele» in einer «wunderbaren Stadt» seien das gewesen. Und der OK-Chef Carlos Nuzmann doppelte nach: «Rio erstrahlt in neuem Glanz, es ist eine neue Stadt und doch noch ein magischer Ort.» Kein Wort fiel über die Sicherheitsmängel und organisatorischen Fauxpas, auf die sich die Medien weltweit mit ähnlicher Aufmerksamkeit stürzten wie auf die sportlichen Wettkämpfe.
Und doch blieben gerade diese Bilder im Kopf hängen: Das Wasser im Schwimmbecken der Turmspringer, das plötzlich grün statt blau widerspiegelte. Die Abfallprobleme in jener Bucht , in der die Segelwettkämpfe ausgetragen wurden. Den mit Steinen beworfenen Medienbus oder den Querschläger aus einem Gewehr, der ein Medienzelt traf. Und zum Schluss, dass vier amerikanische Schwimmer dachten , ihre Überfall-Lüge kaufe man ihnen ohne Weiteres ab. Schliesslich war man ja in Rio. Dort sind bewaffnete Überfälle Alltag.
Das IOK-Problem
«Wenn Rio sich als Stadt präsentieren wollte, die Olympische Spiele auf einem Niveau westlicher Metropolen wie London organisieren kann, dann war das ein PR-Debakel», erklärt Kommunikationsfachmann Manfred Messmer. «Da hat Rio die Erwartungen nicht erfüllt.» Was in den Köpfen hängen bleibe, seien «das dreckige Hafenbecken bei den Seglern und der Doping-Skandal um die russischen Athleten.»
Die Schuld daran würden aber nicht allein die Organisatoren der brasilianischen Millionenmetropole tragen. Im Gegenteil: «Die Stadt konnte sich ja nicht wirklich selbst vermarkten, sie musste dies weitgehend dem IOK überlassen», so Messmer.
Und dabei könne man heutzutage eigentlich nur noch verlieren. «Ähnlich wie bei der Fifa oder der Uefa hängt dem IOK stets das Image von korrupten Funktionären an, die mit Überheblichkeit und Arroganz agieren, besonders gegenüber Drittweltländern.» Das gebe keine positiven Impulse für die «Marke Rio». Und das gelte auch für alle anderen Austragungsorte.
Wo Medien gerne hinschauen
Hinzu komme die Rolle der Medien, die nur allzu gern Stereotypen wiedergeben – und so Bilder zementierten, im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung. So geschehen zum Beispiel bei all den Geschichten zu Müllproblemen. «Nur Staaten wie Russland oder China können dies mit ihrer absoluten Kontrolle der Medien verhindern», erklärt Messmer.
In Sotschi wie Peking habe sich gezeigt, dass es zwar kritische Berichte im Vorfeld der Spiele gegeben habe: «Aber währenddessen schauten die Verantwortlichen peinlich genau darauf, dass keine Probleme an die Öffentlichkeit gelangten. Gegeben hat es sie aber mit Sicherheit.» In Brasilien, als freiem Land, habe es diese Gängelung nicht gegeben. «Und so bekam halt die ganze Welt mit, wenn ein Bus mit Schwimmern zur falschen Adresse fuhr und deshalb Wettkämpfe verspätet starteten.» In Rio, so Messmer, habe sich schlicht das reale Leben gezeigt.
«Marke Rio» bleibt stark
Der PR-Spezialist glaubt dennoch nicht, dass die «‹Marke Rio› bleibenden Schaden genommen hat». Die Stadt sei nach den Olympischen Spielen mit ihrem Image wohl «gleich weit wie davor», so Messmer. Zuckerhut und Copacabana hätten bei Touristen nicht an Ausstrahlungskraft eingebüsst. Auch wenn das Ziel, die Stadt von ihrem Drittwelt-Image zu befreien, nicht erreicht wurde.
In einem, so Messmer, habe es Rio sogar geschafft, sämtliche Vorurteilsbehafteten eines Besseren zu belehren: Nämlich als vier US-Schwimmer um Superstar Ryan Lochte von ihrem Vandalenakt an einer Tankstelle abzulenken versuchten, indem sie einen Überfall erfanden. «Hier haben die Behörden gezeigt, dass sie den Schutz der Athleten ernst nehmen, wie sie es versprochen haben.» Und ebenso, dass sie ein «funktionierendes Polizeisystem haben, das schnell ermitteln kann und sich auch nicht scheut, die Überheblichkeit ausländischer Spitzenathleten aufzudecken.» Diese Geschichte, so ist sich Messmer sicher, hat Rio am meisten genützt. «Und sie wird auch am längsten nachwirken.»