Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat in Brüssel das Vorgehen seines Landes in der Flüchtlingskrise verteidigt. Er traf sich mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und Ratspräsident Donald Tusk.
Die Flüchtlingskrise erfülle die Menschen nicht nur in Ungarn «mit Angst», sagte Orban nach den Gesprächen. Sie sei aber «nicht ein europäisches», sondern ein deutsches Problem. Die Migranten wollten nicht in Ländern wie Ungarn, Polen oder Estland bleiben. «Alle würden gerne nach Deutschland gehen.»
Orban sieht sich mit seiner Abschottungspolitik im Recht und verwies in Brüssel auf die geltenden EU-Vorschriften. Ungarn stehe in der Pflicht, alle ankommenden Flüchtlinge zu registrieren und müsse seine Grenze nach dem Schengen-Abkommen sichern, sagte er. Ungarn halte sich bislang an die Regel, dass kein Flüchtling ausreisen dürfe, ohne dass er vorher registriert worden sei. Viele Syrer verweigerten aber die Registrierung in Ungarn, weil sie nach Deutschland weiterreisen wollten.
Orban traf sich in Brüssel auch mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. «Juncker hat versucht, Orban zu überzeugen, dass gerade er ein Interesse haben müsste an der Reform des Dublin-Systems», so Sebastian Ramspeck, SRF-Korrespondent in Brüssel.
«Denn Juncker will nächste Woche einen neuen Vorschlag für eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in der EU unterbreiten. Der neue Vorschlag würde ganz gezielt auch Ungarn entlasten. Rund 50'000 Flüchtlinge, die sich in Ungarn befinden, sollen von anderen Staaten übernommen werden. Und zwar nicht auf die chaotische Art und Weise wie das heute geschieht, sondern nach einem offiziellen Verteilschlüssel.»
Orban nicht alleine – Osteuropa-Gipfel am Freitag
Der ungarische Ministerpräsident Orban gelte zwar als «enfant terrible» in Brüssel, sagt Ramspeck. Aber letztlich vertrete er die gleiche Position wie andere osteuropäische Länder – die Länder, die ebenfalls seit Monaten eine Reform des Dublin-Systems blockieretn.
Die Regierungschefs von Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn haben derweil für Freitag ein Treffen in Prag anberaumt, um ihre Flüchtlingspolitik abzustimmen. Die Länder waren zuletzt scharfer Kritik ausgesetzt, weil sie verbindliche Quoten zur Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas ablehnen.
Ungarn steht seit Tagen in der Kritik
Ungarns Vorgehen in der Flüchtlingskrise stösst seit Tagen in Europa auf Kritik. In Budapest hinderten die Behörden Flüchtlinge, Züge nach Österreich und Deutschland zu nehmen.
Am Wochenende hatte Ungarn zudem seinen Grenzzaun zu Serbien festgestellt, um Flüchtlinge vor der unkontrollierten Einreise abzuhalten.
Warnung von Tusk
EU-Ratspräsident Donald Tusk hat derweil vor einer Spaltung zwischen Ost- und Westeuropa gewarnt und forderte die «faire Verteilung» von «mindestens 100'000 Flüchtlingen» unter den EU-Staaten.
Tusk forderte nach seinem Treffen mit Orban die «faire Verteilung» von mindestens 100'000 Flüchtlingen unter den EU-Staaten. Er sagte auch, dass Europa mehr tun müsse, um seine Grenzen zu sichern und sich «die Schlüssel zu Europa von Schmugglern und Mördern» zurückzuholen. Letztlich gab Tusk damit auch Orban Rückendeckung.
Verstärkter Kampf gegen Schlepper
Gleichzeitig will die EU auch verstärkt gegen Schlepper vorgehen. Die EU-Verteidigungsminister diskutierten in Luxemburg über die Ausweitung des laufenden Militäreinsatzes gegen Schlepper im Mittelmeer.
Sie sehe unter den EU-Mitgliedstaaten einen «breiten Konsens zur Notwendigkeit, Phase zwei zu starten», sagte die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini. Künftig sollen Schiffe zerstört sowie die Schleuser festgenommen werden. Der Plan wird beim Treffen der EU-Aussenminister am Freitag und Samstag in Luxemburg diskutiert.