Die «Panama Papers» zeigen die versteckten Inhaber von Briefkastenfirmen und wer mit diesen Geschäfte getätigt hat. Nun haben die Enthüllungen bereits erste Konsequenzen.
Der Chef des chilenischen Ablegers von Transparency International ist wegen Kontakten zu mehreren Briefkastenfirmen zurückgetreten. Gonzalo Delaveau habe seinen Rücktritt eingereicht. Dies teilte die Antikorruptionsorganisation via Twitter mit. Sein Name wird in Verbindung mit mindestens fünf Briefkastenfirmen gebracht. Illegale Machenschaften werden Delaveau in den Dokumenten aber nicht zur Last gelegt.
Zwölf involvierte Staatschefs
Laut der «Süddeutschen Zeitung» (SZ) sind auch zwölf amtierende und ehemalige Staats- und Regierungschefs mit Offshorefirmen verbandelt. Zu einem Rücktritt ist es bislang noch nicht gekommen. Massiv unter Druck ist aber Islands Regierungschef David Sigmundur Gunnlaugsson. Ein Überblick:
Island
Am Dienstag hat Islands Ministerpräsident David Sigmundur Gunnlaugsson den Rücktritt angeboten. Seine Partei hatte dies bereits angekündigt. Kurz darauf ruderte der Ministerpräsident selbst zurück. In einer Pressemitteilung, die sein Büro am Dienstagabend verbreitete, hiess es: «Der Ministerpräsident ist nicht zurückgetreten und wird weiterhin als Vorsitzender der Fortschrittspartei tätig sein.»
Er habe nur vorgeschlagen, dass sein Stellvertreter Ingi Jóhannsson das Regierungsamt vorübergehend übernehme. Gunnlaugsson soll bis Ende 2009 zusammen mit seiner heutigen Ehefrau eine Briefkastenfirma besessen haben, in der unter anderem Anleihen wichtiger isländischer Banken deponiert waren.
Russland
Enge Vertraute von Präsident Wladimir Putin leiteten den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren unter konspirativen Umständen offenbar mehr als zwei Milliarden Dollar durch Briefkastenfirmen aus Russland heraus.
Ukraine
Unter den Betroffenen befindet sich auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko. Seine Briefkastenfirma wurde laut «SZ» im Jahr 2014 gegründet, nur zwei Monate nach seiner Wahl.
Poroschenko sagte am Mittwoch, er habe die Gesellschaft in der Steueroase aufgesetzt, um seine geschäftlichen von seinen
politischen Interessen zu trennen, nachdem er ins Präsidentenamt
gewählt worden sei. Die Transaktion sei transparent gewesen.
Syrien
Gemäss den Enthüllungen haben auch international sanktionierte Geschäftsleute wie ein Cousin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad Offshore-Firmen genutzt. Dieser konnte noch nach seiner Sanktionierung vier Millionen Dollar von einem Schweizer Bankkonto abziehen.
Politiker wegen Verwandten in schiefem Licht
Verwandte amtierender Staatschefs tauchen ebenfalls auf der Liste auf, so auch im Falle des chinesischen Präsidenten Xi Jinping oder des britischen Premierministers David Cameron.
Unter den Betroffenen sind ferner der argentinische Präsident Mauricio Macri, König Salman von Saudi Arabien, sowie Nawaz Sharif, der Regierungschef von Pakistan.
Vorwürfe gegen Fussball-Welt
Der neue Fifa-Chef Gianni Infantino hat laut einem Bericht der «Süddeutschen Zeitung» als Direktor der Uefa-Rechtsabteilung Verträge mit einer Briefkastenfirma gezeichnet, deren Eigentümer zwei der heutigen Angeklagten im Fifa-Skandal waren. Infantino weist alle Vorwürfe zurück.
Neue Verdächtigungen gibt es durch das Datenleck beispielsweise auch gegen den argentinischen Fussballstar Lionel Messi. Er soll eine Gesellschaft in Panama zur Steuerhinterziehung genutzt haben. Der Vorwurf sei «falsch und beleidigend», hält seine Familie in einem Communiqué fest.
Aber auch die Namen des gesperrten Uefa-Präsidenten Michel Platini und des Mitglieds der Ethikkomission des Weltfussballverbandes Fifa, Juan Pedro Damiani aus Uruguay, stehen auf der Liste.
Die Rolle der Schweiz
Aus den Enthüllungen geht hervor, dass sich über 1200 Schweizer Firmen unter den 14'000 Banken, Anwaltsfirmen und anderen Mittelsmännern befinden, die Briefkastenfirmen aufbauen liessen. Nur aus Hongkong und Grossbritannien stammen noch mehr. Die Schweizer Vermittler gehören ebenfalls zu den aktivsten.
Die UBS, Credit Suisse (über eine Tochter) und die HSBC Schweiz zählen zudem zu den Banken, die am häufigsten für ihre Kunden Firmen gründen liessen. Bestätigungen oder konkrete Stellungnahmen gibt es in den wenigsten Fällen. Die Credit Suisse weist die Vorwürfe zurück.
Die Finanzmarktaufsicht Finma werde abklären, inwieweit auch Schweizer Banken Dienstleistungen der im Fokus stehenden Kanzlei Mossack Fonseca benutzt und Schweizer Bestimmungen verletzt hätten, erklärte ein Finma-Sprecher.
Heftige Vorwürfe der OECD
Derweil hat sich auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu den «Panama Papers» geäussert. «Panama ist der letzte grosse Verweigerer, der es weiterhin erlaubt, dass Offshore-Fonds vor Steuer-und Strafverfolgungsbehörden versteckt werden», kritisierte der OECD-Generalsekretär Angel Gurría.
Die OECD habe die Finanzminister der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) erst vor einigen Wochen gewarnt, dass Panama einen Rückzieher gemacht habe beim vereinbarten automatischen Informationsaustausch über Finanzgeschäfte.
Konsequenzen
- Die beschuldigte Kanzlei Mossack Fonseca geht strafrechtlich gegen die Verantwortlichen Datenlecks vor. Die Kanzlei hat einen Verdächtigen im Visier. Allerdings fehlen ihr die Beweise.
- Das ukrainische Antikorruptionsbüro wird aufgrund der «Panama Papers» nicht gegen Präsident Petro Poroschenko ermitteln. Nur gegen ehemalige Präsidenten könne ermittelt werden. Die ukrainische Steuerbehörde kündigte am Mittwoch allerdings an, den Vorgang zu prüfen.
- Die australische Steuerbehörde will 800 vermögende Kunden einer Kanzlei wegen möglicher Steuerflucht überprüfen.
- Die indische Regierung hat eine umfassende Untersuchung angekündigt.
- Die norwegische Industrieministerin Monica Maeland forderte die Bank DNB zu einer schriftlichen Erklärung über ihre Rolle in der Affäre auf. Das Institut hatte etwa 40 Kunden dabei geholfen, Offshore-Firmen auf den Seychellen zu gründen.
- Frankreichs Präsident François Hollande hat rechtliche Schritte im Zusammenhang mit den Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Panama angekündigt.