Rund zwei Monate nach den Terroranschlägen von Paris hat Frankreichs Regierung ein Gesetz zur Stärkung der Geheimdienste lanciert. Dieses gestattet den Sicherheitsbehörden bei Ermittlungen das Abfangen von Telefon- und Online-Kommunikation mithilfe moderner Technik. Unter anderem sollen sie direkt mitverfolgen können, was Verdächtige in eine Computer-Tastatur eingeben.
Auch der Einsatz herkömmlicher Mittel von Agenten, etwa versteckte Kameras und Wanzen, wird geregelt. Die Überwachung von Terrorverdächtigen soll auf behördliche Anweisung erfolgen und ohne eine Genehmigung der Justiz.
Das ist kein französischer Patriot Act.
Faktisch werden mit dem neuen Gesetz Vorgehensweisen gebilligt, die bereits gang und gäbe sind, aber bislang nicht rechtlich geregelt waren. Es werde «keine Grauzonen» bei der Geheimdienstarbeit mehr geben, versicherte Regierungschef Manuel Valls bei der Vorstellung des Gesetzestextes.
Angesichts der terroristischen Bedrohung müssten den Geheimdiensten die Mittel zur Verfügung gestellt werden, «die den Herausforderungen für unser Land angemessen sind», sagte Valls. So müsse das «Netz zur Überwachung» gewaltbereiter Islamisten «noch enger» geknüpft werden.
«Das ist kein französischer Patriot Act», sagte Valls mit Blick auf die umstrittene Anti-Terror-Gesetzgebung in den USA aus der Zeit nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Die Überwachungsmassnahmen würden sich auf einzelne Verdächtige beziehen, eine «Massenüberwachung» der Bevölkerung werde durch das Gesetz verboten.
Doch trotz Valls' Beschwichtigungen wurde Kritik am Gesetzestext laut. Die französische Menschenrechtsliga spricht von einem «potentiell freiheitsbedrohenden System». Die nationale Datenschutzbehörde zeigt sich besorgt, da die neuen Gesetze um einiges weiter reichen würde als die bestehenden. Die Pariser Anwaltskammer kritisierte, dass der Text ohne Absprache mit der Justiz zustande gekommen sei.
Geheimdienste unter Kontrolle
Zur Überwachung der Geheimdienste wird eine neue unabhängige Instanz geschaffen. Sie wird aus neun Mitgliedern bestehen, darunter vier Parlamentarier. Wer der Ansicht ist, zu Unrecht in das Visier der Geheimdienste geraten zu sein, kann sich künftig an den Staatsrat wenden, Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht.
Die französische Regierung hatte bereits im vergangenen Jahr damit begonnen, ein neues Geheimdienst-Gesetz zu erarbeiten. Nach den Anschlägen von Paris, bei denen drei islamistische Terroristen Anfang Januar in drei Tagen 17 Menschen erschossen hatten, wurde die Arbeit an dem Gesetz beschleunigt.
Es soll vom 13. April an in der Nationalversammlung debattiert werden und soll noch vor dem Sommer endgültig verabschiedet werden. Bereits jetzt zeichnet sich eine breite Zustimmung zu dem Gesetzestext ab.