International - Putins Siegesfeier: Waffenschau vor leeren Logen
Wenn Russland heute den 70. Jahrestag des Sieges über das Nazi-Regime feiert, wird zwar die Präsentation militärischer Hightech beeindrucken. Doch mit Staatsgästen wird Russland kaum punkten. Viele hochrangige Geladene haben abgesagt, weil der Kreml die Feier instrumentalisiert.
Der Jahrestag der Niederschlagung der Nazis ist in Russland eigentlich ein Routineanlass. Jedes Jahr wird er mit Pomp auf dem Roten Platz in Moskau zelebriert.
Doch diesmal sorgte die Feier für ein monatelanges diplomatisches Gerangel. Eigentlich müssten die Führer der westlichen Alliierten den Gedenktag Seite an Seite mit Russlands Präsident Putin begehen.
Niemand bestreitet, dass der Kampf gegen Nazi-Deutschland der Sowjetunion weitaus mehr Opfer kostete als allen andern, nämlich mehr als zwanzig Millionen. Ohne Moskau hätte es bis zum Ende der Nazis noch länger gedauert.
Rehabilitierung von Stalin
Bloss: Der Kreml will zum 70. Jahrestag nicht einfach würdig der Vergangenheit gedenken. Geplant ist vielmehr eine triumphale Siegesfeier mit der grössten Militärparade aller Zeiten. Russland präsentiert seinen neuen Superpanzer Armata, modernste Fliegerabwehr- und Artilleriesysteme sowie hochgezüchtete Interkontinentalraketen. Über 15'000 Soldaten sollen aufmarschieren.
Ausserdem treibt die russische Führung gleich auch die Rehabilitierung von Ex-Diktator Stalin voran. Da wollen weder Obama noch Cameron oder Hollande dabeistehen und freundlich lächeln. Auch die deutsche Kanzlerin Merkel kommt nicht – oder nur ein bisschen. Sie meidet die Siegesparade, legt dafür anderntags einen Kranz für russische Kriegsopfer nieder.
Kritik am Uno-Generalsekretär
Überhaupt kommt aus dem Westen fast niemand. Dafür die Chefs von Potentatenstaaten wie China, Kasachstan, Kirgistan oder Kuba. Und solche, die gern Distanz zum Westen markieren, wie die politischen Führer Südafrikas oder Serbiens.
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Kritik erntet Uno-Generalsekretär Ban Ki-Moon, denn er hat zugesagt. Der Uno-Chef kann sich kaum erlauben fernzubleiben, wenn eine Uno-Vetomacht ihn nachdrücklich einlädt. Und Ban setzte immerhin gestern ein Zeichen, indem er auch die Gedenkfeiern in Polen besuchte, die Moskau als Gegenveranstaltung zum eigenen Anlass wertet.
Bizarr und unnötig hingegen ist die Anwesenheit auf dem Roten Platz von Irina Bokowa, der Chefin der Unesco, also just jener Uno-Organisation, die sich für Medien- und Kulturfreiheit einsetzt. Doch Bokowa will Uno-Generalsekretärin werden und braucht dafür die russische Unterstützung.
Klare Haltung der Schweiz
Überraschend klar auch die Haltung der Schweiz: Weder die Bundespräsidentin, noch der Aussenminister, ja nicht mal ein Staatssekretär nimmt an Putins Inszenierung teil, sondern bloss der Botschafter in Moskau.
Bern entschied also genauso wie die meisten westlichen Regierungen und suchte nicht nach einem neutralen Mittelweg. Der Kreml kommentiert die vielen Absenzen nicht. Doch es ist kein Geheimnis, dass der Ärger gross ist.
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