Der Regen hat aufgehört, die Pegelstände vieler Flüsse steigen nicht mehr, mancherorts fallen sie sogar. Die Balkanländer haben den Dauerregen fürs Erste überstanden. Zurück bleiben Flutopfer und Millionenschäden. Die genaue Zahl der Toten ist noch unklar. Bisher haben die Wassermassen aber über 40 Menschenleben gefordert.
«Es werden viele Tote sein»
In Bosnien-Herzegowina ist die Stadt Doboj im Norden am stärksten betroffen. Hier steht das Wasser mancherorts noch bis zu vier Meter hoch. 20 Leichen seien bereits geborgen worden, sagte Bürgermeister Obren Petrovic. «Höchste Priorität hat jetzt das Auffinden der Toten.» Man müsse herausfinden, wie viele Menschen in den Fluten umkamen. «Es werden viele Tote sein», sagte Petrovic.
Nach mehr als zwei Tagen drangen Rettungskräfte in die bosnische Stadt Samac vor. «Das ist die totale Verwüstung, es sieht vom Helikopter wie ein Meer aus», sagte Bürgermeister Savo Minic der Nachrichtenagentur Fena. Zwei Menschen seien tot, zwei weitere würden noch vermisst. Die Evakuierung verlaufe chaotisch.
Zusätzliche Gefahr durch Landminen
Hochwasser und Schlammlawinen haben in Bosnien möglicherweise auch Landminen freigespült. Das Minenaktionszentrum MAC warnte die Bevölkerung, dass Sprengkörper aus dem Krieg Hunderte Kilometer bis zum Schwarzen Meer geschwemmt werden könnten. Aus dem Krieg in den 90er-Jahren liegen noch rund 120'000 Landminen in Bosnien-Herzegowina. Die Gegenden um die Städte Doboj und Olovo, die besonders hart vom Hochwasser betroffen wurden, sind noch stark vermint.
In Serbien droht Hochwasserwelle der Sava
Helfer bargen zwölf Leichen in der am schlimmsten betroffenen serbischen Stadt Obrenovac vor den Toren Belgrads. Sie liegt an der Sava; der Fluss war nach den Regenfällen extrem angeschwollen. Mehr als 4000 der 30'000 Einwohner wurden aus der Stadt evakuiert. Der Hauptstadt Belgrad steht am Sonntagabend die Flutwelle der Sava noch bevor.
Ministerpräsident Aleksandar Vucic bezeichnete die Lage als katastrophal und äusserte die Befürchtung, die Zahl der Toten könne weiter steigen. Er bezifferte den finanziellen Schaden allein durch die Überflutung der Grube von Kolubara, des grössten Kohlebergwerks von Serbien, auf 100 Millionen Euro.
In den Städten Sabac, Mitrovica und Kostolac ist die Hochwasserlage laut den Einsatzkräften unter Kontrolle.
In Bosnien und Serbien stieg nach den Regenfällen die Gefahr von Erdrutschen. Schlammlawinen zerstörten am Samstag nach Angaben der bosnischen Behörden das Dorf Olovo und machten acht Hauptstrassen unbefahrbar. Auch im Westen von Serbien zerstörten Erdrutsche Dutzende Häuser in Krupanj und umliegenden Dörfern.
Hochwasser in Südostosteuropa
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Bild 1 von 12. Die Autobahn, 150 Kilometer von Sarajevo entfernt, am 18. Mai. Langsam wird das Ausmass der Zerstörung sichtbar. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 12. Die Sava bei Sremska Mitrovica, 90 Kilometer von Belgrad entfernt, am 17 Mai: Menschen bilden Schlangen, um sich die Sandsäcke weiterzureichen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 12. Serbische Polizisten tragen eine alte Frau aus einem Helikopter – auch das Militär hilft mit, um die Katastrophe zu bewältigen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 12. 17. Mai in Belgrad: Tausende Obdachlose aus der Stadt Obrenovac sind in Turnhallen einquartiert. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 12. 17.5.2014: Viele Menschen in Serbien haben ihr Hab und Gut verloren. Sammlungen haben bereits begonnen: Hier Schuhe für die Kinder von Obrenovac. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 12. Pozega, 200 Kilometer südwestlich von Belgrad, am 17. Mai: Lokale Helfer bringen Brot mit dem Boot, da die Strassen überflutet sind. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 12. Obrenovac, 20 Kilometer südöstlich von Belgrad, am 17. Mai: Soldaten evakuieren dutzende Menschen in Amphibien-Fahrzeugen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 12. Maglaj, 150 Kilometer nördlich von Sarajevo, am 17. Mai: Vielen bleibt nur das mühsame und gefährliche Waten durch überflutete Strassen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 12. Obrenovac am 17. Mai: Die Ambulanzen taugen nichts mehr, nur noch auf Booten sind die Strassen – die eigentlich keine mehr sind – passierbar. Bildquelle: Reuters.
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Bild 10 von 12. Zenica in Bosnien 17. Mai: Menschen werden mit Helikoptern aus den Flutgebieten evakuiert. Bildquelle: Reuters.
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Bild 11 von 12. Ein Vorort von Sarajevo am 16. Mai: Nach drei Tagen Regen ohne Unterbruch werden Felder und Wiesen zu Seen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 12. Belgrad am 15. Mai: Jeder versucht zu retten, was noch zu retten ist. Bildquelle: Keystone.
Hochwasser-Gefahr in Tschechien gebannt
Im tschechischen Spindlermühle im Riesengebirge gingen die Pegelstände allmählich zurück, nachdem in der Nacht auf Sonntag die höchste Alarmstufe ausgerufen worden war. Es wird erwartet, dass sie sich an allen Flüssen stabilisierten, wie das Amt für Meteorologie und Hydrologie in Prag mitteilte. In drei östlichen Regionen des Landes bleiben die Einsatzkräfte vorerst in Bereitschaft.
Auch in den südpolnischen Hochwassergebieten besserte sich die Situation an der Weichsel und ihren Zuflüssen. «Die Lage stabilisiert sich», sagte ein Sprecher der Feuerwehr.