Die Stimmung ist schlecht auf dem Asien-Sicherheitsgipfel in Singapur. Die Spannungen sind so gross wie seit vielen Jahren nicht. Brennpunkt ist der Konflikt um Inseln und Riffe im südchinesischen Meer. Die Rivalität zwischen der traditionellen Pazifikmacht USA und dem Aufsteiger China wächst.
US-Verteidiungsminister Ashton Carter hält in Singapur fest, die Besorgnis über Chinas Verhalten auf dem Meer, im Cyber- und im Luftraum wachse in der ganzen Region. Das Land baue damit eine Mauer der Selbstisolierung.
Die chinesische Seite spielt die Sache indes herunter: Im Staatssender CCTV heisst es, man solle nicht so viel über den Konflikt im südchinesischen Meer reden. Und Zhu Feng von der Universität Nanjing wiegelt ab: Das potenter gewordene China mache halt einen Sozialisierungs- und Lernprozess durch. Es verhalte sich manchmal etwas ungeschickt.
Klar ist aber: Niemand gibt nach und aus dem Säbelrasseln könnte ein regelrechter Krieg werden.
Streit um Vorherrschaft im gesamten Raum
China beharrt darauf, sein maritimes Territorium massiv auszuweiten. Die USA widersetzen sich und will weitere Landaufschüttungen und Bauten auf umstrittenen Riffen nicht hinnehmen. Ebenso wehren sich die Länder in Asien, zu deren Lasten Chinas Expansionsstreben geht. Sechs Staaten, darunter Vietnam und die Philippinen, streiten in dem rohstoffreichen Seegebiet mit China um Gebiete.
Ginge es nur um ein paar kleine Inseln und den Zugriff auf Bodenschätze unter dem Meer, liesse sich wohl eine Lösung finden. Doch Bonnie Carter, China-Expertin des Instituts für Strategische Studien (IISS), erklärt: Es geht um die Vorherrschaft im asiatisch-pazifischen Raum.
Gegenseitiges Hochrüsten
Eine überraschend grosse Rolle spielt ausserdem Nordkorea. Es besitzt mittlerweile gegen ein Dutzend Atombomben. Das verängstigt Japan und Südkorea. Weshalb Washington ihnen zum Schutz hochgezüchtete Abwehrraketen liefert.
Das ruft erneut China auf den Plan. Es fürchtet, die US-Raketen schützten nicht primär vor Kim Jong-Uns Atombomben. Vielmehr sollten sie Chinas Atomarsenal de facto ausschalten. Man verliere das atomare Gegenschlagspotenzial. Deshalb setzt die Volksbefreiungsarmee nun auf schwer abzufangende, mobile, auf U-Booten stationierte Atomwaffen. Und um diese nuklear bewaffneten U-Boote zu schützen, will man die US-Streitkräfte raushaben aus dem süd- und ostchinesischen Meer und möglichst noch aus weiteren Teilen des Pazifik.
Auf einmal haben also alle Angst – und rüsten deshalb kräftig auf. Die China-Expertin Carter meint, es sei entscheidend, welchen Preis China zu bezahlen bereit sei für seine Machtpolitik. Peking habe sich unnötigerweise Probleme mit all seinen Nachbarn eingebrockt. Und Carter zeigt sich pessimistisch: Machthaber Xi Jinping sei bereit, sehr weit zu gehen.
Schweiz mit dabei
Frieden und Stabilität sind also in Ostasien akut gefährdet. Hier könnte die Schweiz als Vermittlerin gefragt sein. Verteidiungsminister Guy Pamelin meint: Wenn die Schweiz einen Beitrag zur Reduzierung der Spannungen leisten könne, dann müsse sie das tun.
Wären plötzlich wichtige Meeresstrassen in dieser Weltgegend blockiert wegen offener militärischer Konflikte, dann bekäme das unser Land gewaltig zu spüren, so Parmelin weiter. Die Gefahr sei beträchtlich – das werde ihm hier sehr bewusst. Es ist das erste Mal, dass ein Schweizer Verteidigungsminister am Asien-Sicherheitsgipfel teilgenommen hat.
Neben dem Südchinesischen Meer kamen bei der Sicherheitskonferenz auch Nordkorea und die Terrorbedrohung durch islamistische Extremisten in Asien zur Sprache.