Zum dritten Mal werden sich die sieben Präsidentschaftskandidaten der französischen Konservativen im Fernsehen duellieren. Der Schlagabtausch findet am Donnerstagabend um 21 Uhr statt. Als Favoriten gelten Ex-Premier Alain Juppé und Ex-Präsident Nicolas Sarkozy.
Vorab hat SRF einigen Wahlkämpfern und Anhängern der Konservativen den Puls gefühlt.
Fünf Jahre lang haben wir mit Hollande den ‹normalen Präsidenten› ausprobiert. Seht euch das Ergebnis an!
Einen «starken Wechsel» will Wahlkämpfer Thibault Siméoni. Der Anhänger von Ex-Staatspräsident Nicolas Sarkozy verteilt mit Gleichgesinnten Flugblätter auf dem Wochenmarkt in der Pariser Vorstadt Vincennes.
Doch die Aktion kommt nicht überall gut an. «Bloss nicht Sarkozy!», sagt ein Ehepaar, und wirft den Flyer sofort in einen Papierkorb.
Wahlkämpfer Thibault weiss, was an seinem Favoriten missfällt: Die Leute halten Sarkozy für zu ausschweifend. Doch er kontert: «Fünf Jahre lang haben wir mit Hollande den ‹normalen Präsidenten› ausprobiert. Seht euch das Ergebnis an!» Als Präsident dürfe man nicht normal sein, da müsse man Charisma haben, Überzeugungen, Energie.
Eine andere Passantin freut sich über die engagierten Wahlkämpfer, spornt sie an: «Wir brauchen jetzt einen starken Mann, der schnell Entscheidungen trifft, um Frankreich wieder aufzubauen. Sarkozy ist genau der Richtige.» Die Rentnerin will den Abend vorm Fernseher verbringen. Sie ist überzeugt, dass Sarkozy seine Konkurrenten ausstechen wird.
Der einzige Kandidat, der von Frankreich im Jahr 2050 spricht, ist Alain Juppé.
Auch die Anhänger von Alain Juppé rühren die Werbetrommel. Der Ex-Regierungschef, Ex-Aussenminister und jetzige Bürgermeister von Bordeaux gilt seit Monaten als Favorit.
Marine, eine 19-jährige Jurastudentin, bezeichnet den 71-jährigen Juppé als «neuen Mann der französischen Politik». «Zwar war ich noch nicht geboren, als er 1995 Regierungschef wurde», so die Studentin. Aber er thematisiere die digitale Wirtschaft, den Umweltschutz, die Gleichberechtigung von Frau und Mann. «Der einzige Kandidat, der von Frankreich im Jahr 2050 spricht, ist Alain Juppé.»
Diese Vorwahlen sind extrem wichtig, weil der Sieger mit ziemlicher Sicherheit der nächste Staatspräsident sein wird.
Juppé hat allerdings ein grosses Handicap: Seine Unterstützer finden sich vorwiegend in der politischen Mitte. Sarkozy hingegen liegt bei den 250'000 Parteimitgliedern der Konservativen klar vorn. Und die würden am Sonntag garantiert abstimmen, warnt Jean Badoche, der sich ebenfalls für Juppé stark macht.
Er will verhindern, dass es seinem Favoriten wie Hillary Clinton ergehen wird: «Viele sagen jetzt: Juppé gewinnt ohnehin, es ist nicht nötig, dass wir uns beteiligen. Sie täuschen sich. Diese Vorwahlen sind extrem wichtig, weil der Sieger mit ziemlicher Sicherheit der nächste Staatspräsident sein wird.»
Pest oder Cholera
Michel Robin ist von keinem der sieben konservativen Kandidaten überzeugt. Der 60-Jährige hat jahrelang die Linke gewählt. Doch nun will er sich bei den Rechten einmischen: «Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir nächstes Jahr in der Stichwahl zwischen Marine Le Pen und Nicolas Sarkozy entscheiden müssen. Um das zu verhindern, werde ich sehr wahrscheinlich bei den Vorwahlen der Rechten abstimmen.»
Le Pen oder Sarkozy – für viele Linke klingt das wie Pest oder Cholera.
Um dieses Szenario zu durchkreuzen, will Robin Juppé wählen. Dazu muss er zwei Euro bezahlen und eine Deklaration unterschreiben. Darin bekennt er sich zu den Werten der politischen Rechten und des Zentrums.
Der Fall von Michel zeigt: Nicht nur die Anhänger der Konservativen entscheiden die Vorwahl, sondern auch Wähler, die ganz anderen politischen Lagern angehören – ob rechts oder links.