Ganz Europa stellt sich die Frage, wie verhindert werden kann, dass junge Menschen in den heiligen Krieg nach Syrien oder in den Irak ziehen und wie mit den mehreren Tausend potentiellen Rückkehrern umgegangen werden soll. Die EU-Staats- und Regierungschefs besprechen am Donnerstag an einem informellen Gipfel in Brüssel eine verstärkte Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terror.
Belgien hat ein Islamisten-Problem
Gerade Belgien hat mit radikalen Islamisten zu kämpfen: Im Januar erschossen Anti-Terror-Einheiten zwei Mitglieder einer Dschihadisten-Zelle – am Tag vor einem geplanten Attentat. Und heute Mittwoch fällt ein Gericht in Antwerpen das Urteil gegen 46 Mitglieder der Salafisten-Gruppe «Scharia4Belgium», die in Belgien Kämpfer für die sunnitischen Extremisten in Syrien rekrutiert haben soll.
Rund 350 bis 400 Personen sind bislang nach Schätzungen der belgischen Regierung aus dem Land nach Syrien gereist. Verglichen mit seinen elf Millionen Einwohnern weist Belgien eine der höchsten Quoten an Dschihad-Reisenden in Europa auf.
Rekrutierung für den Dschihad in Syrien
Die Gründe dafür sind nicht eindeutig geklärt. Eine wichtige Rolle dürfte aber «Scharia4Belgium» gespielt haben. Jeder zehnte belgische Dschihad-Reisende soll von der Salafisten-Gruppe angeworben worden sein, sagte die Staatsanwaltschaft im Oktober. In Syrien kämpfen sie für die Terrormilizen des sogenannten Islamischen Staats IS oder für die mit der Al Kaida verbundenen al-Nusra Front. «Scharia4Belgium» pflegt Kontakte zu ähnlichen Gruppen in verschiedenen europäischen Ländern.
Laut der Anklage seien Jugendliche in einem Zentrum einer Gehirnwäsche unterzogen und radikalisiert worden. Die Gruppe soll auch gewaltverherrlichende Videos aus dem syrischen Bürgerkrieg verbreitet und gezielt Jugendliche in sozialen Medien angesprochen haben. So auch der 20-jährigen Jejoen Bontinck, der nach Syrien zog, um für die Idee eines islamischen Grosskalifats zu kämpfen. Im Prozess gegen «Scharia4Belgium» ist er einer der Kronzeugen und gleichzeitig einer der neun Angeklagten, die sich noch in Belgien aufhalten.
Anführer wollte Belgien in islamischen Staat verwandeln
Ebenfalls vor Gericht steht der Kopf der Salafisten-Gruppe, der 32-jährige Fouad Belkacem, auch unter dem Namen Abu Imran bekannt. Belkacem propagierte mit «Scharia4Belgium» die Einführung der Scharia und drohte mit der Verwandlung Belgiens in einen islamischen Staat. Wegen Aufruf zu Gewalt gegen Nicht-Muslime wurde er bereits 2012 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Nun droht ihm eine Verurteilung wegen der Führung einer terroristischen Organisation. Darauf stehen in Belgien bis zu 20 Jahre Haft.