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International Schiffsunglück in China: Überlebende harren in Luftblasen aus

In China ist ein Schiff mit rund 460 Menschen an Bord gesunken. Rettungskräfte vernahmen Geräusche von Überlebenden, die im gesunkenen Rumpf ausharren. Doch bisher konnten nur wenige der Passagiere gerettet werden. An Bord befanden sich vorwiegend ältere Passagiere.

Bei schlechtem Wetter ist ein Passagierschiff mit fast 460 Menschen an Bord auf dem Jangtse-Strom in China gesunken. Ursache war offenbar ein plötzlicher Wirbelsturm. Diese Begründung des Kapitäns ist allerdings umstritten. Auf den Fahrtenschreibern seien Hinweise gefunden worden, dass das Schiff kurz vor dem Unfall ein rasches Wendemanöver eingeleitet hatte.

China-Karte.
Legende: srf

Überlebende machen sich bemerkbar

Die Zahl der Opfer ist zurzeit unklar, bisher wurden erst 18 Menschen tot geborgen. Mehr als 400 Menschen werden noch vermisst.

Das Staatsfernsehen berichtete, Taucher seien im Wasser und hätten Klopfzeichen aus dem Rumpf gehört. Sie konnten bisher jedoch nur 14 Menschen retten, obwohl sie die ganze Nacht über im Einsatz waren. Unter den Geretteten waren drei Personen, die in einer Luftblase im Rumpf des Schiffes ausgeharrt hatten. Experten sind der Ansicht, es könnte mehrere Luftblasen im Wrack geben, wo noch Überlebende ausharren.

Unter den Geretteten sind der Kapitän und Chefingenieur. Sie wurden in Polizeigewahrsam genommen. Sie gaben an, dass am Montagabend plötzlich ein Tornado das Schiff zur Seite gedrückt und zum Kentern gebracht habe. Es sei «innerhalb von ein oder zwei Minuten» gesunken, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua den Kapitän. Es blieb demnach keine Zeit mehr, einen Notruf abzusetzen. Alarm schlugen erst sieben Insassen, nachdem sie ans Ufer schwimmen konnten.

Kein grosses Unglück seit 1948

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Unglücke diesen Ausmasses sind in China ungewöhnlich. Das bislang schlimmste Schifffahrtsunglück ereignete sich 1948. Damals explodierte ein Dampfer, mehr als 1000 Menschen starben. Sollten sich die schlimmsten Befürchtungen im aktuellen Unglück bewahrheiten, wäre der Untergang die grösste Schiffskatastrophe in China seit fast 70 Jahren.

Schwierige Rettungsarbeiten

Das 76 Meter lange Schiff lag kieloben im Wasser. Schiffsschraube und Ruder schauten halb aus dem Wasser. Hilfskräfte versuchten, mit Schweissbrennern ein Loch in den Rumpf zu schneiden. Die Bergungsarbeiten werden von starkem Wind und schweren Regenfällen behindert.

Das Schiff «Stern des Orients» war auf dem Weg von Nanjing in Ostchina in die Metropole Chongqing im Südwesten, als das Unglück noch flussabwärts von dem berühmten Touristenziel der Drei Schluchten im Bereich von Jianli in der Provinz Hubei passierte.

Soldaten zur Rettung mobilisiert

Rund 150 Schiffe und mehr als 3000 Helfer beteiligten sich nach Angaben der Lokalzeitungen an der Rettungsaktion, darunter 140 Taucher. Koordiniert werden sie von Ministerpräsident Li Keqiang persönlich. Die paramilitärische Polizei der Provinz Hubei schickte mehr als tausend Soldaten, die mit 40 Schlauchbooten bei den Bergungsarbeiten helfen sollen. Die Wassertiefe beträgt an der Stelle rund 15 Meter.

Ein Mann sitzt vor einer verschlossener Tür weinend am Boden
Legende: Niemand da: Die Angehörigen bekommen vom betroffenen Reiseveranstalter keine Auskunft. Keystone

Angehörige vor verschlossenen Türen

Das Staatsfernsehen berichtete, es seien rund 400 chinesische Touristen an Bord gewesen. Viele hatten die mehrtägige Reise über ein Shanghaier Reisebüro gebucht. Verzweifelte Angehörige suchten dort vergeblich nach Informationen. Das Reisebüro war geschlossen.

Es hiess, die meisten Passagiere seien zwischen 50 und 80 Jahre alt. Es gab zunächst keine Hinweise, dass Ausländer an Bord gewesen seien. Viele der Reisenden dürften im Schlaf überrascht worden sein.

Unter den 458 Menschen an Bord seien 47 Besatzungsmitglieder und 7 Reisebüromitarbeiter gewesen, berichtete Xinhua. Das 1994 gebaute Schiff habe eine Kapazität von mehr als 500 Personen, war also nicht überladen. Zudem gab es nach ersten Ermittlungen auch genügend Schwimmwesten an Bord.

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