Das Wichtigste in Kürze:
- In Nordafghanistan ist ein Hilfsgüter-Transport des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) überfallen worden.
- Sechs afghanische IKRK-Mitarbeiter wurden getötet, zwei weitere werden vermisst.
- Das Rote Kreuz unterbricht bis auf weiteres seine Tätigkeiten in Afghanistan.
In einer Stellungnahme der Organisation hiess es, das Team habe aus drei Fahrern und fünf Programm-Mitarbeitern bestanden. Sie seien südlich der Provinzhauptstadt Scheberghan unterwegs gewesen. Dort leidet die Bevölkerung unter heftigen Schneestürmen. Das IKRK transportierte dringend benötigtes Material für Bauern und Heu für Vieh, als der Konvoi überfallen wurde.
«Dies ist abscheulich. Nichts kann den Mord an unseren Kollegen und lieben Freunden rechtfertigen», teilte die IKRK-Landesdirektorin Monica Zanarelli mit.
IKRK-Präsident Peter Maurer sagte, der Angriff wirke wie beabsichtigt. Es sei eine riesige Tragödie. «Wir stehen unter Schock.» Diese Kollegen hätten einfach ihre Pflicht getan, hätten versucht, selbstlos zu helfen. Bis klar ist, was beim Einsatz genau passierte, wolle das IKRK die Arbeit in Afghanistan unterbrechen.
Auch die Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard verurteilte den Anschlag aufs Schärfste. Und in einer Mitteilung an IKRK-Präsident Maurer drückte Aussenminister Didier Burkhalter seine Betroffenheit aus.
Noch zwei Geiseln
Nach Angaben des Gouverneurs der nordafghanischen Provinz Dschausdschan haben Mitglieder der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Männer getötet. Alle Opfer seien Afghanen.
Nach den beiden Vermissten werde gesucht, sagte der Polizeichef von Dschowsdschan. Die Leichen der getöteten Helfer seien bereits in die Provinzhauptstadt gebracht worden. Sie konnten dank Vermittlung von Stammesältesten geborgen werden. Man versuche nun, die Freilassung der beiden entführten IKRK-Mitarbeiter zu erreichen.
Neue IS-Präsenz
Ausserhalb der ostafghanischen Provinzen Nangarhar und Kunar ist der IS in Afghanistan eigentlich nicht präsent. IS-Kämpfer in Dschausdschan wären darum eine Neuheit. Ehemalige Taliban oder auch Kriminelle haben sich aber auch in anderen Provinzen punktuell schon IS genannt.
Ein Sprecher der radikalislamischen Taliban teilte aber in einem E-Mail mit, man sei nicht in den Überfall verwickelt. Die Taliban würden alles tun, um die Täter zu finden.
Erst im Dezember war ein spanischer Mitarbeiter des IKRK in der nordafghanischen Provinz Kundus aus einem Auto heraus entführt worden. Er war im Januar freigekommen.
Das Rote Kreuz geniesst eigentlich bei allen Konfliktparteien in Afghanistan einen besonderen Schutzstatus. Es hat bisher nur wenige Anschläge gegeben. «Möglicherweise haben sich die Zeiten geändert», sagte ein Mitarbeiter. «Das sind schwere Monate für uns.»