Der britisch-niederländische Ölkonzern Shell zahlt im Streit um ausgelaufenes Öl in Nigeria insgesamt 55 Millionen Pfund (rund 84 Millionen Franken) an 15'600 Fischer und Bauern aus dem Niger-Delta. 53,6 Millionen Franken werden unter den einzelnen Klägern aufgeteilt. Dies macht 3436 Franken für jeden Betroffenen. 30,7 Millionen kommen der gesamten Gemeinschaft zugute, wie Shell mitteilte.
Damit endet ein seit drei Jahren schwelender Rechtsstreit, bevor in diesem Jahr der Gerichtsprozess begonnen hätte. Es ist der höchste aussergerichtliche Vergleich, der jemals wegen einer Ölpest in Nigeria ausgehandelt wurde. Shell hatte zuerst 45,6 Millionen Franken angeboten. Die Geschädigten forderten das Zehnfache.
Anwälte der betroffenen Bauern und Fischer aus dem Ort Bodo, dessen Umgebung schwer verseucht ist, bezeichneten es als «zutiefst enttäuschend», dass der Konzern das Ausmass des Schadens so lange Zeit nicht anerkannt habe.
Kein Sieg – aber Zeichen der Anerkennung
«Es ist kein richtiger Sieg», sagt auch Ruedi Küng. Er ist ehemaliger Afrika-Korrespondent von SRF. Die Schäden seien zu gross und zu nachhaltig, als dass man von einem Sieg sprechen könne. «Es ist aber immerhin eine Anerkennung des Shell-Konzerns, dass er dem Volk der Bodo schweren Schaden zugefügt hat.»
Diese Anerkennung sei zwar schon 2011 erfolgt. Doch nun habe man die Höhe der Entschädigung festgelegt. Küngs Ansicht nach wiegt die versprochene Summe den Schaden nicht auf. «Für den einzelnen Fischer sind 3400 Franken viel Geld», doch das Leben der Leute im Niger-Delta bleibe gestört. «Das kann man einfach nicht mit Geld entschädigen.»
Mangels Lobby wohl kaum Signalwirkung
Dass sich die nun erreichte Einigung auf andere Rechtsstreitigkeiten ähnlicher Art auswirken könnte, glaubt Küng nicht. «Dieses eine Eingeständnis beim Volk der Bodo heisst nicht, dass die Firmen in anderen Fällen auch dazu bereit sind.» Der Druck sei in Nigeria im Vergleich zur ‹Deepwater Horizon›-Katastrophe von 2010 im Golf von Mexiko, wo BP Milliarden zahlen musste, nicht hoch genug. Der einstige Afrika-Korrespondent weiss: «Hier fehlt die Lobby, hier fehlt die Volksbewegung.»