Vor knapp drei Wochen ist Edward Snowden in Moskau angekommen. Zu Gesicht bekommen hat ihn dort keiner seither.
Dafür schossen die Gerüchte ins Kraut. Mal hiess es, er sei auf dem Weg nach Kuba. Oder: Snowden habe ein Angebot Venezuelas für politisches Asyl angenommen. Nichts davon stellte sich später als richtig heraus.
Heute hat sich Edward Snowden zum ersten Mal seit seiner Ankunft in Russland wieder gezeigt. Und kündigte gemäss der russischen Staatsagentur Ria Nowosti an: Er wolle in Russland einen Antrag auf politisches Asyl stellen. Den entsprechenden Antrag habe Snowden unterschrieben, sagte ein Anwalt.
Grund für den Antrag sei, dass Snowden nicht ausreisen könne, zitierte die Agentur Interfax später Tanja Lokschina von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Snowdens endgültiges Ziel bleibe weiterhin Lateinamerika.
Ein Angebot unter Bedingungen
Snowden traf sich mit Menschenrechtlern und russischen Juristen. Stattgefunden hat das Treffen im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo. Snowden sei beim Verlassen seines Hotelzimmers von Sicherheitsleuten begleitet worden, berichteten Augenzeugen. Medienvertreter waren nicht dabei.
Kremlchef Wladimir Putin hatte Snowden am 1. Juli Asyl angeboten – allerdings nur unter der Bedingung, dass Snowden aufhöre, den USA Schaden zuzufügen. Einen Tag später sagte ein Sprecher Putins, Snowden habe das Angebot abgelehnt.
Erinnerungen an Bradley Manning
Für Snowden steht viel auf dem Spiel. Die USA jagen ihn wegen Geheimnisverrats. Das könnte bedeuten: eine jahrelange Haftstrafe.
Der Fall erinnert an Bradley Manning. Der US-Soldat spielte der Enthüllungsplattform Wikileaks militärische Dokumente zu. Im Mai 2010 wurde er verhaftet, seither sitzt er im Gefängnis, offenbar immer wieder in Einzelhaft.
IT-Spezialist Snowden hatte Dokumente über geheime Überwachungsprogramme des US-Geheimdienstes NSA an Medien weitergegeben. Ausserdem enthüllte er ein umfangreiches britisches Spähprogramm.
In den vergangenen Tagen hat er zahlreiche Länder um Asyl gebeten. Bei diversen Ländern ist er abgeblitzt – einzig in Südamerika stiess er bisher auf offene Ohren.
Verstimmung in Washington
Die USA reagierten prompt auf den Asylantrag Snowdens. Sie drohten mit einer Verschlechterung der Beziehungen. Man fordere weiter seine Ausweisung, sagte ein Regierungssprecher. Politisches Asyl durch Moskau sei «unvereinbar mit der russischen Versicherung, keine Verschlechterung der Beziehungen durch Snowden zu wollen».
Gleichzeitig reichten die USA die Hand, in dem die Spionageaffäre wieder zur Chefsache im amerikanisch-russischen Verhältnis erklärt wurde. So wollte US-Präsident Barack Obama noch am Freitag mit seinem russischen Amtskollegen Putin wegen des Falls telefonieren.