Der Chef der grössten französischen Oppositionspartei UMP, Jean-François Copé, stellt nach neuen Enthüllungen über einen Finanzskandal seinen Posten zur Verfügung. Der Rücktritt werde zum 15. Juni erfolgen, teilten Teilnehmer einer Vorstandssitzung mit. Auch die gesamte weitere Führungsriege der UMP werde abtreten.
Ex-Premiers sollen Geschäfte übernehmen
Die UMP-Führung war am Morgen zu einem Krisentreffen in Paris zusammengekommen. Nicht nur der Spendenskandal rüttelt die Partei durch, auch das schlechte Abschneiden bei den Europawahlen am Wochenende trägt zu der parteiinternen Krise bei. Nun sollen übergangsweise die früheren Premierminister Alain Juppé, Jean-Pierre Raffarin und François Fillon die Geschäfte übernehmen.
Hintergrund des Finanzskandals ist die Überweisung von Parteigeldern in Höhe von rund elf Million Euro an eine Kommunikationsagentur, die von Vertrauten Copés geführt wird.
Es besteht der Verdacht, dass mit den Mitteln auf illegale Weise Ausgaben für den Präsidentschaftswahlkampf von Nicolas Sarkozy im Jahr 2012 finanziert wurden. Der Konservative unterlag damals dem Sozialisten François Hollande.
PR-Firma erhebt Vorwürfe
Die Affäre war im Februar bekannt geworden und ist nun eskaliert. Der Anwalt der PR-Firma machte plötzlich das Lager um Ex-Präsident Sarkozy für die falschen Abrechnungen verantwortlich. Die Firma sei gezwungen worden, fiktive Rechnungen auszustellen. Noch am Montag hatte Copé versichert, er habe «überhaupt nichts gewusst».
Sarkozy selber hat sich bislang nicht zu dem Vorwürfen geäussert. Für den 59-Jährigen ist der Skandal aber höchst unangenehm. Es gilt als wahrscheinlich, dass Sarkozy mit Blick auf die Präsidentschaftswahl 2017 ein politisches Comeback anstrebt.
UMP stand kurz vor der Auflösung
Laut SRF-Korrespondent Ruedi Mäder ging es nach der Wahlschlappe vom Wochenende ums Überleben der UMP, nur so lasse sich der Sinneswandel Copés erklären. «Die Partei stand kurz vor der Explosion.» Eine Auflösung der UMP habe aber unbedingt verhindert werden müssen, um nicht Marine Le Pen vom rechten Front National in die Hände zu spielen, so Mäder in Paris. «Es ging um die Demokratie und die Zukunft Frankreichs.»
Auch der 50-Jährige Copé hatte sich Hoffnungen auf eine Präsidentschaftskandidatur 2017 gemacht. Er hatte sich erst Ende 2012 in einem erbitterten Machtkampf um die Parteiführung intern durchgesetzt.
Wie es mit der UMP nun weitergeht ist alles andere als klar. Unklar ist insbesondere, welcher Kurs angesichts des Aufwinds des Front National eingeschlagen werden soll. Im Oktober sollen auf einem Parteitag die neue Richtung und ein neuer Parteipräsident bestimmt werden.