Kurz vor der ersten Vorwahl des US-Präsidentschaftswahlkampfs machen der demokratischen Bewerberin Hillary Clinton neue Entwicklungen in der E-Mail-Affäre zu schaffen. Auf ihrem privaten E-Mail-Server aus ihrer Zeit als Aussenministerin befand sich auch «streng geheimes» Material.
Erst nachträglich als geheim eingestuft
Ministeriumssprecher John Kirby erklärte, 22 Dokumente, die der höchsten Geheimhaltungsstufe unterlägen, würden deshalb unter Verschluss gehalten. Zum Zeitpunkt ihrer Versendung waren die E-Mails Kirby zufolge noch nicht als geheim klassifiziert. Dies sei erst jetzt im Nachhinein auf Wunsch der Geheimdienstbehörden geschehen.
Weitere 18 E-Mails an US-Präsident Barack Obama würden ebenfalls nicht veröffentlicht. Sie enthielten allerdings keine als geheim eingestuften Informationen, sagte Kirby. Bereits zuvor waren hunderte E-Mails der ehemaligen Aussenministerin rückwirkend als vertraulich eingestuft worden.
Clinton hatte im März 2015 zugegeben, als Aussenministerin von 2009 bis 2013 für dienstliche Mails eine private E-Mail-Adresse verwendet zu haben. Rund 30'000 E-Mails aus dieser Zeit händigte sie an das Aussenministerium aus.
Die Schriftstücke werden – soweit zulässig – in Etappen veröffentlicht. Gut 30'000 weitere E-Mails, die nach ihren Angaben privater Natur waren, hatte Clinton löschen lassen.
Wahlkampfteam fordert Veröffentlichung
Clintons Wahlkampfteam reagierte genervt auf die Erklärung und forderte, die E-Mails vollständig zu veröffentlichen. Kampagnensprecher Brian Fallon sprach von einem «Amoklauf» bei der Einstufung der E-Mails.
Bernie Sanders, Clintons demokratischer Konkurrent als Präsidentschaftsbewerber, sprach sich dafür aus, die gesetzliche Überprüfung der E-Mails nicht zu «politisieren». Bereits während der ersten Fernsehdebatte der US-Präsidentschaftsbewerber im vergangenen Oktober hatte der Senator, der Clinton von links unter Druck setzt, gesagt, die Bevölkerung habe genug von den «verdammten E-Mails».
US-Aussenminister John Kerry sagte, die Aufgabe seines Ministeriums bestehe nicht darin, sich zum Inhalt der E-Mails zu äussern, sondern gerichtliche Entscheidungen zu ihrer Herausgabe oder Nichtherausgabe umzusetzen.
Republikaner: Nationale Sicherheit gefährdet
Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Marco Rubio erklärte, hätte jemand aus seinem Stab dasselbe getan wie Clinton, wäre dieser «gefeuert und strafrechtlich verfolgt» worden. Der republikanische Parteichef Reince Priebus sagte, durch die neuesten Entwicklungen sei zweifelsfrei erwiesen, dass Clinton die nationale Sicherheit gefährdet habe und ihr die Präsidentschaft nicht anvertraut werden könne.
Die oppositionellen Republikaner werfen Clinton vor, die private E-Mail-Adresse benutzt zu haben, um ihre Korrespondenz unter Verschluss zu halten. Clinton erklärte dagegen, sie habe dies aus Bequemlichkeit getan, um ein einziges Smartphone verwenden zu können.
Die Affäre schade Clintons Glaubwürdigkeit, sagt SRF Korrespondent Peter Düggeli. Er glaubt, dass in Iowa einige Wähler nun ins Lager von Bernie Sanders wechseln werden. Im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur liege Clinton aber weiter klar vorn. Dennoch werde die Affäre den Wahlkampf weiterhin dominieren, dafür würden die Republikaner bestimmt sorgen, glaubt Düggeli.