Es ist ein Kahlschlag im jüngsten Staat der Welt. Im Südsudan wechselt Präsident Salva Kiir die gesamte Regierungsmannschaft aus. Er entliess am Dienstagabend überraschend alle Minister und Vizeminister seines Kabinetts.
Und die Gründe? Die sind unbekannt. Auch in einem vom Staatsfernsehen verbreiteten Dekret gab es dazu keine Angaben. Doch es wird gemunkelt. Medien sprechen von Machtkämpfen innerhalb der Regierung. Diese sollen den Staatschef zu dem drastischen Schritt bewogen haben. Peter Schumann arbeitete als Regionalkoordinator der UNO im Sudan. Er sagt: «Das ist ein Meilenstein in der Entwicklung einer politischen Kultur im Südsudan.» Denn einige der jetzt entlassenen Minister würden sich neu aufstellen und eigene politische Organisationen gründen.
Krise spaltet Regierungspartei
Kiir entliess auch seinen Stellvertreter Riek Machar Teny. Dieser wird schon länger als möglicher Gegenkandidat bei den nächsten Präsidentenwahlen 2015 gehandelt. «Bitte bewahrt die Ruhe. Ihr könnt sicher sein, dass unser Bestreben, dieses Land zu Wohlstand und Stabilität zu führen, durch nichts eingeschüchtert wird», schrieb Machar am Morgen auf seiner Facebook-Seite. Die Krise müsse politisch gelöst werden, meinte er.
Beobachtern zufolge ist die Regierungspartei SPLM tief gespalten. Kiir ordnete auch Ermittlungen gegen Parteichef Pagan Amum an. Er wirft diesem nach einem Bericht der Zeitung «Sudan Tribune» vor, zu Gewalt angestiftet und die Regierung kritisiert zu haben. Amum hatte zuletzt für die südsudanesische Seite die Friedensverhandlungen mit dem Nachbarland Sudan unter Vermittlung der Afrikanischen Union geführt.
Öl-Streit eskaliert – mal wieder
Dem erst 2011 unabhängig gewordenen Land drohen ab kommender Woche auch enorme wirtschaftliche Probleme. Am 31. Juli soll die Ölproduktion erneut eingestellt werden. Der Sudan hatte angekündigt, seine Leitungen für den Transport am 7. August zu schliessen. Damit würde der Südsudan der Wirtschaft des Nordens gewaltig schaden. Doch viel schlimmer ist: Der Südsudan könnte damit selbst seine einzige Einkommensquelle trocken legen. Denn die Wirtschaftsleistung des jungen Staates besteht zu 98 Prozent aus Öl-Einnahmen. Markus Haefliger, NZZ-Korrespondent in Afrika, sagt: «Das ist wieder ein Pokerspiel, von dem man nicht weiss, wie es ausgehen wird.» Erst im März hatten sich beide Seiten nach langwierigen Verhandlungen auf eine Wiederaufnahme der Produktion geeinigt, die im Januar 2012 erstmals eingestellt worden war.
Die meisten Ölreserven liegen im Süden. Dieser kann das schwarze Gold aber nicht transportieren, da der Südsudan keinen Zugang zum Meer hat, und die Pipelines allesamt durch Gebiete des Nachbarn führen. Laut Schumann spielt dieses Zerren um das Öl auch eine zentrale Rolle im inner-südsudanesischen Richtungsstreit.
Die jüngsten Ereignisse schaffen laut Schumann eine Instabilität. Doch es brauche Geduld. «Der Staat ist aus zwei Kriegen entstanden. Nun können nicht von einem Tag auf den anderen politische Institutionen entstehen.»