Weltweit haben Politiker den Angriff auf ein Flüchtlingscamp in Sarmada mit Entsetzen aufgenommen. Syriens Regime hat derweil jede Verantwortung an der Bombardierung nahe der türkischen Grenze bestritten. Berichte, wonach die syrische Luftwaffe das Camp in der Provinz Idlib angegriffen habe, entsprächen nicht der Wahrheit, erklärte das Militär in einer über staatliche Medien verbreiteten
Stellungnahme.
«Wir wissen nicht, wer das Lager angegriffen hat», sagt SRF-Nahost-Korrespondent Philipp Scholkmann. Das wichtigste Oppositionsbündnis gebe ganz klar dem syrischen Regime die Schuld. Belege dafür gebe es aber keine, höchstens Indizien.
So wird das Gebiet von radikalislamischen Rebellen gehalten, die dem Terrornetzwerk Al Kaida nahe stehen. Die USA sind dort kaum aktiv, sie konzentrieren ihre Luftangriffe auf die Kämpfer des sogenannten «Islamischen Staates». Die russische und die syrische Armee hingegen sähen in den Islamisten dieser Gegend Hauptfeinde und flögen häufig Angriffe, so Scholkmann. Dabei seien bereits in der Vergangenheit immer wieder Zivilisten getroffen worden.
Weltweite Empörung
Die Vereinten Nationen verurteilten den Angriff scharf. Falls das Camp bewusst als Ziel ausgesucht worden sei, könnte es sich um ein Kriegsverbrechen handeln, hiess es in einer Stellungnahme des UNO-Nothilfekoordinators Stephen O'Brien.
Die Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Susan Rice, äusserte sich schockiert und erklärte, für einen solchen Angriff auf Zivilisten gebe es keine Rechtfertigung. Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini sprach von einer schweren Verletzung humanitären Völkerrechts.
UNO: Mindestens 30 Tote
Laut der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden bei dem Luftangriff 28 Menschen getötet, unter ihnen mindestens sieben Kinder. Ausserdem seien Dutzende Menschen teils schwer verletzt worden. O'Brien sprach von mindestens 30 Toten und mehr als 80 Verletzten.
Wer für die Attacke in dem von Rebellen kontrollierten Gebiet nahe der türkischen Grenze verantwortlich ist, bleibt weiterhin unklar. O'Brien forderte eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls. «Anhaltende Kämpfe und Luftangriffe bedeuten, dass wehrlose, verängstigte Kinder, Frauen und Männer keinen Zufluchtsort haben», mahnte der UNO-Nothilfekoordinator.
Mogherini und der EU-Kommissar für Humanitäre Hilfe, Christos Stylianides, forderten alle Konfliktparteien auf, Zivilisten und zivile Einrichtungen wie Schulen und Kliniken zu schützen.
Hunderte Tote in Aleppo
Insgesamt sind seit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien vor mehr als fünf Jahren nach UNO-Angaben rund 400'000 Menschen ums Leben gekommen. Millionen wurden aus ihrer Heimat vertrieben.
Nach heftigen Kämpfen war diese Woche eine neue Waffenruhe auf die Stadt und gleichnamige Provinz Aleppo ausgeweitet worden, die zunächst weitgehend hielt. Aleppo ist zwischen Regime und Rebellen geteilt. Den Menschenrechtsbeobachtern zufolge waren dort zuletzt mindestens 285 Zivilisten bei Luftschlägen des Regimes sowie Angriffen von Rebellen getötet worden.
Aus Protest gegen den Anstieg der Gewalt hatte Syriens Opposition die ins Stocken geratenen Genfer Friedensgespräche mit Vertretern des Regimes verlassen.