Eigentlich sollte in Syrien Ende dieser Woche eine Feuerpause in Kraft treten. Doch stattdessen wird der Gefechtslärm nur lauter. Und die Türkei mischt jetzt auch mit. Friedensgespräche haben unter diesen Vorzeichen vorerst keine Chance, wie SRF-Auslandredaktor Fredy Gsteiger darlegt.
SRF News: Warum hat das mit der Waffenruhe nicht funktioniert, nachdem sich vor einer Woche doch noch alle einig waren?
Fredy Gsteiger: In München schien es zumindest so, als wären sich alle einig. Nach neunstündigen Verhandlungen hatten die beteiligten Staaten behauptet, sie stünden alle hinter dem Ziel einer Waffenruhe innerhalb einer Woche. Doch schon damals bezweifelten viele Beobachter, dass sich alle an ihre Worte halten würden. Genau das ist nun auch eingetreten: Etliche halten sich nicht an die Absprachen von München. Dabei muss man vor allem auf Russland und Iran zeigen. Die Armee von Syriens Präsident Assad marschiert mit russischer und iranischer Hilfe weiter auf Aleppo zu. Die Kämpfe werden dort noch intensiver geführt als vor München, offenbar versucht man, Fakten zu schaffen, um die eigene Position bei künftigen Verhandlungen zu stärken. Auch die Türkei hält sich nicht an die Zusagen von München. Ankara hat die Angriffe auf syrisches Gebiet eher noch verstärkt.
Die Staaten haben in München auch versprochen, dass der humanitäre Zugang in Syrien verbessert werden soll. Ist in diesem Bereich in den letzten Tagen zumindest etwas gegangen?
Ja, hier gibt es kleine Fortschritte. In einzelnen, abgeriegelten Ortschaften konnten UNO-Konvois die eingeschlossenen Menschen mit dem Allernötigsten versorgen. Ausserdem gibt es den Plan der UNO, aus Flugzeugen Nothilfe abzuwerfen. Allerdings ist man auch im humanitären Bereich noch weit von den Vereinbarungen von München entfernt. Damals hiess es, der Zugang für humanitäre Organisationenen solle überall und zu jeder Zeit möglich werden. Doch das ist nicht der Fall.
Was heisst das für die Syrien-Friedensverhandlungen?
Nichts Gutes. Die Voraussetzungen für erfolgsversprechende Verhandlungen über die politische Zukunft des geschundenen Landes sind nicht vorhanden. Dazu wären eine Waffenruhe und ein uneingeschränkter Zugang für humanitäre Organisationen nötig. Nur eine minimale Stabilisierung und eine Reduzierung der Gewalt würde bei den syrischen Widersachern das für Zugeständnisse nötige Vertrauen ermöglichen. So fragt sich etwa die syrische Opposition, wieso sie verhandeln soll, solange Assads Armee vorrückt und so auf dem Terrain Fakten schafft. Und für das Regime erscheinen Verhandlungen ebenfalls nicht sinnvoll, solange seine Truppen auf dem Vormarsch sind.
Das Gespräch führte Claudia Weber.