Das Wichtigste in Kürze:
- Feuerpause: Es soll umgehend mit einer «signifikanten Reduzierung der Gewalt» begonnen werden. Dies soll in einer Woche in ein «Ende der Kampfhandlungen» münden.
- Humanitäre Hilfe: Eingeschlossene Gebiete in Syrien sollen möglichst schnell mit Lebensmitteln, Medikamenten und ähnlichem versorgt werden. Dazu wurden viele Orte konkret benannt. Erste Transporte sollen bereits bis zum Wochenende starten.
- Friedensprozess: Ziel ist es, dass «in absehbarer Zeit» die politischen Gespräche zwischen Regime und Opposition in Genf fortgesetzt werden können.
Nach fünf Jahren Bürgerkrieg mit Hunderttausenden Toten sollen in Syrien binnen einer Woche die Waffen schweigen: Auf dieses Ziel verständigten sich die USA, Russland und wichtige Regionalmächte in der Nacht in München.
Ende der Kampfhandlungen binnen einer Woche
«Es hat eine Verabredung heute gegeben, dass wir sofort starten mit einer - wie wir gesagt haben – signifikanten Reduzierung der Gewalt», sagte der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier nach mehrstündigen Gesprächen. «Und das soll einmünden in einer Woche in einem Ende der Kampfhandlungen.»
Gemeint sei ein Ende der Kampfhandlungen zwischen den Regimetruppen von Machthaber Baschar al-Assad auf der einen Seite und den Milizen der Opposition auf der anderen Seite. Ausgenommen seien aber Angriffe auf die Terrormiliz Islamischer Staat, erklärte er.
Die eigentliche Bewährungsprobe wird sein, ob sich alle Mitglieder der Gruppe in der Realität an die Verpflichtungen halten
US-Aussenminister John Kerry äusserte sich zurückhaltend über das Ergebnis der Konferenz: «Die eigentliche Bewährungsprobe wird sein, ob sich alle Mitglieder der Gruppe in der Realität an die Verpflichtungen halten.» Sein russischer Kollege Sergej Lawrow sagte zur angestrebten Feuerpause: «Das ist eine komplizierte Aufgabe. Es gibt zu viele Kräfte, die an militärischen Aktivitäten beteiligt sind.»
Zuletzt hatte sich der Konflikt nochmals verschärft: Westliche Länder warfen Russland vor, mit Bombardements in Syrien Zivilisten zu treffen und das Regime von Assad zu stützen. Seit Tagen hatte es massive Kämpfe um die Stadt Aleppo gegeben. Auch die USA bomben in Syrien, vor allem um den IS zurückzudrängen.
Assads Zukunft weiter ungeklärt
Der zentrale Streitpunkt, ob Assad künftig noch eine Rolle in Syrien spielen soll, sei nicht beigelegt, erklärten Kerry und Lawrow. Aus US-Sicht muss der Machthaber abtreten, die Russen halten an ihm fest.
Die sogenannte Syrien-Unterstützergruppe, zu der auch die wichtigen Regionalmächte Iran und Saudi-Arabien gehören, verständigte sich in München zudem darauf, dass es schnelle humanitäre Hilfe für belagerte Orte geben müsse. Kerry betonte: «Alle waren sich über die Dringlichkeit humanitärer Hilfe einig.»
Neue humanitäre Task Force
Eine neue Task Force bei den Vereinten Nationen in Genf soll sich laut Steinmeier ausschliesslich um den Zugang für humanitäre Transporte kümmern. Im dem seit fast fünf Jahren tobenden Bürgerkrieg gab es bislang nur geografisch sehr begrenzte Feuerpausen in einigen Dörfern, aber keine Waffenruhe im ganzen Land. Mehr als 250'000 Menschen wurden in dem brutalen Konflikt schon getötet, Millionen in die Flucht geschlagen. Viele Gebiete sind derzeit von jeder Versorgung abgeschnitten.
Steinmeier sprach insgesamt von «Zwischenzielen», die man schaffen müsse, damit hoffentlich «in absehbarer Zeit» die politischen Gespräche zwischen Regime und Opposition in Genf fortgesetzt werden könnten. Er betonte: «Wir kennen die Erfahrungen der Vergangenheit, deshalb spreche ich heute nicht von einem Durchbruch. Ob das ein Durchbruch war, wird sich in den nächsten Tagen beweisen müssen.» Er sei aber froh, dass man in München nun derart weit gekommen sei.
Russland warnt vor «Weltkrieg»
Die Friedensverhandlungen zwischen den syrischen Konfliktparteien in Genf waren vor einer Woche nach nur wenigen Tagen abgebrochen worden. Auslöser waren die massiven Angriffe des syrischen Regimes und der russischen Luftwaffe in der Region Aleppo. Die Kämpfe und Bombardements trieben Zehntausende Bewohner zur Flucht in Richtung Türkei. Trotz internationaler Appelle verweigert die Türkei ihnen an der Grenze aber bislang die Einreise.
Noch vor den Münchner Syrien-Verhandlungen hatte der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew vor einem «Weltkrieg» im Falle der Entsendung westlicher oder arabischer Bodentruppen nach Syrien gewarnt. Bodentruppen würden den Krieg in Syrien nur auf unabsehbare Zeit verlängern, sagte er dem «Handelsblatt».
Münchner Sicherheitskonferenz beginnt
Auch angesichts der vielen verschiedenen Kriegsparteien in Syrien sprach sich Medwedew für Verhandlungen als alleinige Möglichkeit zur Beendigung des Konflikts aus. Und verband das mit einer scharfen Warnung: «Alle Seiten müssten gezwungen werden, am Verhandlungstisch Platz zu nehmen, anstatt einen neuen Weltkrieg auszulösen.»
Die Bemühungen um ein Ende des Bürgerkriegs in Syrien stehen ab heute Freitag auch im Mittelpunkt der Münchner Sicherheitskonferenz. Bis Sonntag beraten mehr als 30 Staats- und Regierungschefs sowie etwa 60 Aussen- und Verteidigungsminister über diesen und andere Krisenherde.