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International «Syrische Regierung verdient an Flüchtlingen»

Flüchtlinge aus Syrien können in Istanbul einen Pass kaufen. Er bietet ihnen neue Reisemöglichkeiten – und spült dem syrischen Regime 400 Dollar in die Staatskasse.

1,8 Millionen Syrer sind wegen des Bürgerkriegs im eigenen Land in die Türkei geflüchtet. Für sie öffnete sich nun ein Tor zur Weiterreise: Auf dem syrischen Konsulat in Istanbul können syrische Bürger einen Reisepass beziehen. Das weiss Kriegsreporter Kurt Pelda aus erster Hand: «Das syrische Konsulat gibt seit wenigen Wochen Pässe für 400 Dollar ab», sagt er. Einer seiner syrischen Mitarbeiter hat ein solches Dokument erstanden.

Ein syrischer Reisepass
Legende: Erstmals ein richtiger Reisepass – das war auch für den Mitarbeiter von Kurt Pelda ein spezielles Gefühl. Kurt Pelda

Nur wenige Syrer besassen einen Pass

Was für einen Schweizer wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist es für einen Syrer keineswegs. Früher hatten viele Syrer gar keine Pässe, oder ihre Papiere sind inzwischen abgelaufen.

Doch dies änderte sich mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs. «Die Region wurde plötzlich mit syrischen Pässen geflutet», erinnert sich Pelda. Auch er selbst hätte einen syrischen Pass beziehen können – mit seinem eigenen Foto darauf. Die Möglichkeit habe ihn gereizt. Doch der Verkaufspreis war von anfänglich 700 auf 1800 Dollar geklettert. Das sei ihm zu teuer gewesen.

«Auch IS-Kämpfer hatten plötzlich Pässe»

Die Pässe stammten damals nicht etwa von der syrischen Regierung, sondern von den Rebellengruppen. Wie diese Pässe genau hergestellt wurden, weiss Pelda nicht. Jedoch kann er sich vorstellen, dass beispielsweise die Rebellen entsprechende Büros samt deren Personal erobert hatten.

Die Frau von Peldas Mitarbeiter war im Besitz eines echten Passes. «Ich habe die beiden Pässe verglichen und hatte keine Chance, den echten vom Falschen zu unterscheiden», so der Journalist.

Die Verteilung der Pässe nahm skurrile Ausmasse an. Engländer wurden zu Syrern. Und Mitglieder der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) konnten auf einmal ganz legal das Land wechseln.

Auch Eritrea verdient mit

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Eritreer bilden die grösste Flüchtlingsgruppe in der Schweiz. Tausende von ihnen zahlen ihrem Heimatland regelmässig Einkommenssteuer, wie verschiedene Schweizer Medien berichteten.

Welche Strategie steckt dahinter?

Als sich die Praxis herumsprach, forderte die Türkei die Nummern der echten Pässe vom syrischen Regime an. «Seither können die Türken die Pässe überprüfen», berichtet Pelda. Werde ein falscher Pass entdeckt, werde die Person abgewiesen. «Damit haben die Türken, und später auch die Amerikaner, das Business mit den gefälschten syrischen Pässen zerstört.»

Eine Marktlücke tat sich auf, welche die syrische Regierung offenbar gerne füllt. Sowohl in Istanbul als auch im syrischen Aleppo können seit wenigen Wochen Reisepässe bezogen werden. Ein neues Geschäftsmodell? Oder will das syrische Regime Ausreisewillige loswerden? Die Strategie Syriens kennt auch Kurt Pelda nicht. Er weiss nur: In Istanbul muss man persönlich vorstellig werden, in Aleppo funktioniert der Bezug mit den entsprechenden Dokumenten auch über Mittelsmänner.

«Der beste Weg führt derzeit über Libyen»

Sicher ist jedoch: Den Syrern selbst eröffnen sich durch den Pass neue Reisemöglichkeiten. «Ich weiss von Syrern, die von Istanbul nach Tripolis geflogen sind, um von dort aus mit dem Schiff nach Europa zu gelangen.» Ein beschwerlicher Umweg? Vielleicht.

Kurt Pelda

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Der Schweizer Kurt Pelda arbeitet seit 30 Jahren als Kriegsreporter. Er berichtet unter anderem für SRF, «Spiegel» und «Weltwoche» von den Brennpunkten dieser Welt – darunter Afghanistan, Libyen und Syrien.

Doch Pelda erklärt: «Wenn jemand nach Europa möchte, so findet er den besten Weg heraus, und dieser führt derzeit über Libyen. Die Zahl der Kilometer ist egal. Die Migranten nehmen grosse Umwege in Kauf, um sich in eine gute Position zu bringen.» Das Risiko, auf diesem Weg umzukommen, sei aus ihrer Sicht wesentlich kleiner als dasjenige in Syrien.

Und was ist mit Syrern in der Türkei, die nicht verfolgt werden? «Ich habe mit sehr vielen Syrern gesprochen – in der Türkei und in Syrien», sagt der Journalist. «Nicht alle sind glücklich an ihrem Geburtsort. Vielen ist wichtig, dass ihre Kinder eine gute Schule besuchen können. In den Rebellengebieten gibt es seit vier Jahren keine richtigen Schulen mehr.» Sie hätten Bedürfnisse, die aus westlicher Sicht absolut nachvollziehbar seien.

Doch für Kurt Pelda stellt sich die Frage, ob Europa alle Migranten, die nach Europa kommen, auch aufnehmen soll. «Viele arabische Ländern nehmen keinen einzigen Flüchtling auf, obwohl die Menschen aus ihrer Kultur stammen und ihre Sprache sprechen», sagt Pelda. Es sei ein zynisches Spiel, diese Aufgabe allein Europa zu überlassen.

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