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International Taiwan und China geben sich die Hand

Erstmals seit langem treffen sich die Präsidenten von Taiwan und China. Dagegen protestierten Demonstranten in Taiwan, die sich gegen eine Annäherung ans Nachbarland stellen. Das Treffen könnte Einfluss auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen in Taiwan haben.

Erstmals seit dem Ende des Bürgerkriegs 1949 sind die Staatschefs von China und Taiwan zu einem direkten Gespräch zusammengekommen. Das historische Treffen zwischen Xi Jinping und Ma Ying Jeou in Singapur begann mit einem Handschlag.

«Wir sind eine Familie», sagte Chinas Präsident Xi zu Taiwans Staatschef Ma. Nach einem Gruss an die vielen Medienleute zogen sich die Staatschefs zu ihrem Gespräch in ein Hotel zurück. Im Vorfeld des Treffens hatten beide Seite klargestellt, dass in Singapur keine Vereinbarungen unterzeichnet werden sollen. Auch eine gemeinsame Erklärung soll es nicht geben.

Weil China Taiwan nicht als eigenständiges Land anerkennt, vereinbarten beide Seiten ein strenges Protokoll. Statt sich mit ihren offiziellen Titeln als Staatspräsidenten anzusprechen, sollten beide schlicht die Formel «Herr Xi» und «Herr Ma» wählen.

Demonstranten und Polizisten stehen sich gegenüber
Legende: Die Demonstranten verbrannten Bilder des chinesischen und des taiwanischen Präsidenten. Keystone

Polizei stoppte Demonstranten

Das Treffen wurde von Protesten begleitet. Wütende Gegner einer Annäherung Taiwans an China versuchten in der Nacht zum Samstag, das Parlament in Taipeh zu stürmen. Die rund 100 Demonstranten wurden von der Polizei gestoppt.

Auch am Flughafen Songshan in Taipeh, wo Ma vor seinem Abflug eine kurze Presseerklärung abgab, kam es zu Protesten. Demonstranten verbrannten Bilder der beiden Staatschefs und bezeichneten Xi als «Diktator» und Ma als «Verräter». Dort wurden mehrere Menschen festgenommen.

Einfluss auf Wahlen möglich

Die Präsidentengespräche erfolgen nur zwei Monate vor der Wahl am 16. Januar in Taiwan und könnten deren Ausgang beeinflussen. Präsident Ma Ying Jeou kann allerdings nicht für eine dritte Amtszeit antreten.

Unter anderem wegen seiner umstrittenen Politik der Annäherung an Festlandchina hinkt die regierende Kuomintang-Partei in Umfragen weit hinter der oppositionellen Fortschrittspartei DPP her. Der Widerstand eskalierte im vergangenen Jahr in Massenprotesten.

Mit dem Treffen in Singapur rückt die China-Politik noch stärker als bisher in den Mittelpunkt des Wahlkampfes. Peking fürchtet einen Sieg der Oppositionskandidatin Tsai Ing Wen von der Fortschrittspartei DPP, die ihre Wurzeln in der Unabhängigkeitsbewegung hat.

Eine Provinz oder ein eigenes Land?

Der Grund für das schwierige Verhältnis zwischen China und Taiwan ist, dass Peking Taipeh als abtrünnige Provinz betrachtet und eine Wiedervereinigung anstrebt. 1992 fanden die beiden Länder einen Konsens. Demzufolge akzeptieren beide Seiten, dass es nur «ein China» gibt, interpretieren es aber jeder auf seine Weise.

Die angespannten Beziehungen zwischen beiden Ländern verbesserten sich deutlich seit der Wahl von Ma im Jahr 2008. Das Einverständnis zu einer Zusammenkunft ist eine radikale Kehrtwende der Führung in Peking, die ein solches Treffen bisher verweigert hatte. Sie wollte bisher die Regierung der «Republik China», wie sich Taiwan bis heute offiziell nennt, nicht legitimieren.

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