In Belgien gab es konkrete Hinweise auf einen geplanten Anschlag von Terroristen mit Waffen und Sprengstoff. Es habe eine Drohung vorgelegen, dass mehrere Attentäter «an verschiedenen Stellen» in Brüssel gleichzeitig Anschläge verüben könnten, sagte der belgische Premierminister Charles Michel vor Journalisten.
Diese Informationen über eine unmittelbare Gefahr seien der Grund dafür gewesen, die Terrorwarnstufe für die Hauptstadt Brüssel auf das höchste Niveau vier anzuheben. Die belgische Regierung beriet in Brüssel über weitere Sicherheitsmassnahmen. Details nannte Michel zunächst nicht.
Abdeslam in Brüssel vermutet
Konkrete Angaben zur Bedrohungslage gab es bis zum Abend keine, sagt SRF-Korrespondent Sebastain Ramspeck. Möglichweise steht die Warnung im Zusammenhang mit der Verhaftung im Problembezirk Molenbeek. «Dort haben die Behörden mehrere Waffen sichergestellt. Es gibt ausserdem konkrete Informationen, dass sich der mutmassliche Attentäter von Paris, Salah Abdeslam in der Umgebung der Hauptstadt aufhalten soll.»
Zudem meldet die Onlineausgabe der Zeitung «Le Soir» am frühen Abend, dass die Polizei fieberhaft nach mindestens zwei Islamisten fahndet, einer davon soll eine Bombe bei sich tragen. Eine Bestätigung der Behörden liege aber in diesem Fall noch nicht vor, so Ramspeck.
U-Bahn geschlossen, verstärkte Kontrollen
In Brüssel wimmelt es am Samstag von Sicherheitskräften. Die U-Bahn in der belgischen Hauptstadt ist bis Sonntagnachmittag komplett geschlossen, nur Busse und Strassenbahnen fahren.
An den Bahnhöfen werden Passagiere verstärkt kontrolliert. Das Musikfestival Sound/Check, bei dem 130 Musiker in einer Konzerthalle in der Brüsseler Innenstadt auftreten sollten, wurde abgesagt. Öffentliche Gebäude, Einkaufszentren und Märkte blieben geschlossen, so auch das Atomium, das Wahrzeichen der Stadt.
Neue Lagebeurteilung
Die Terrorwarnstufe 4 wurde nach den Worten des Regierungschefs Charles Michels für den Brüsseler Grossraum, den Flughafen Brüssel und die Stadt Vilvorde in Flandern verhängt. Aus dieser Stadt stammen etliche Jugendliche, die sich zu Extremisten entwickelten.
Am Morgen hatte ein Sprecher des nationalen Krisenzentrums im belgischen Radio gesagt: «Die Empfehlungen an die Bevölkerung sind sehr einfach: Wir bitten darum, Plätze mit vielen Menschen in der Hauptstadtregion Brüssel zu vermeiden, also Konzerte, Grossereignisse, Bahnhöfe, Flughäfen und den öffentlichen Personennahverkehr.» In der Hauptstadtregion wurden alle Fussballspiele abgesagt.
Er sei am Morgen mit dem Velo zum Amtssitz des Premierministers gefahren, sagt Washington. «Da hat man schon ein mulmiges Gefühl», meint der Brüssel-Korrespondent zur Stimmung in der Stadt. Man müsse aber sagen: «Brüssel ist heute nicht etwa ausgestorben, es sind Leute unterwegs.»
Im Rest Belgiens gilt den Angaben zufolge weiter die Stufe 3, was einer «möglichen und wahrscheinlichen» Bedrohung entspricht. Brüssel ist auch der Sitz der Einrichtungen der Europäischen Union und der Nato.
Belgien geht gegen Verdächtige vor
Nach bisherigen Erkenntnissen wurden die blutigen Anschläge in Paris zum Teil in Belgien geplant und organisiert. Der mutmassliche Organisator der Attentate, Abdelhamid Abaaoud, war Belgier mit marokkanischen Wurzeln und lebte früher in der Brüsseler Gemeinde Molenbeek. Er wurde am Mittwoch bei einem Einsatz französischer Spezialkräfte in Saint-Denis nördlich von Paris getötet.
Die Polizei fahndet weiterhin nach dem Terrorverdächtigen Salah Abdeslam, der in Brüssel wohnte. In den vergangenen Tagen gab es zudem mehrere Anti-Terror-Razzien in Brüssel, gegen drei Verdächtige wurde inzwischen Haftbefehl erlassen.