Dicht gedrängt standen die schwarz gekleideten Männer, Frauen und Kinder am Strassenrand. Einige hielten Portraits des Königs hoch, andere Banknoten, auf denen sein Antlitz abgebildet ist. Viele hatten gerötete Augen oder weinten leise.
Hunderttausende waren gekommen, und doch war es still wie in einer Kirche. Als die Wagenkolonne mit dem Leichnam vom Spital in Richtung Königspalast rollte, sanken die Menschen auf die Knie und falteten die Hände – ein letzter Gruss an den Monarchen.
«Unser Land gibt es nicht mehr»
Er sei gekommen, um dem König die besten Wünsche mit auf den Weg in den Himmel geben, sagte der Tanzlehrer Noppirun. Der König sei wie ihr Vater gewesen, ergänzte eine junge Frau, die mit ihren Kolleginnen in der Hitze kniete.
Mit dem Tod des Königs gehe eine Ära zu Ende, glaubt auch Thitinan Pongsudhirak, der Direktor des Instituts für Sicherheit und Internationale Studien an der Chulalongkorn Universität in Bangkok. Es habe in Thailand immer wieder Unruhen gegeben. Proteste, ein Militärputsch. «Aber der Tod des Königs ist etwas ganz anders. Das rüttelt die ganze Gesellschaft auf. Das Land, in dem wir aufwuchsen, gibt es nicht mehr.»
Und so war der Trauerzug von heute auch der Abschied, von einer Zeit, in der der König eine gottähnliche Stellung hatte. Die Wagenkolonne mit seinem Leichnam bog am späten Nachmittag langsam in den Hof des Grossen Palasts ein.
Kronprinz ohne Ausstrahlung
Hier vollzog der 64-jährige Kronprinz die rituelle buddhistische Waschung. Er wird es auch sein, der seinen Vater als König ablösen wird. Doch noch steht der Zeitpunkt der Krönung nicht fest und der Kronprinz sagte, er wolle noch trauern, bevor er den Thron besteige.
Die nächsten Wochen werden sehr heikel werden. Der königliche Nachfolger ist ganz anders als sein Vater. Niemand wird dieselbe Aura und denselben Respekt haben wie der verstorbene König. Die Monarchie wird sich verändern. Es gibt Unsicherheiten bei der Nachfolge und mögliche Machtkämpfe.
Offene Kritik am Kronprinzen darf niemand üben. Wer das trotzdem wagt, muss aufgrund des strikten Majestätsbeleidigungsgesetzes damit rechnen, für viele Jahre hinter Gitter zu wandern.
Dennoch ist klar, der Kronprinz ist umstritten. Der Vater galt als bescheiden, genoss weder Ferien auf Yachten, noch vergnügte er sich mit Geliebten. Der 64-jährige Kronprinz, liess sich vor zwei Jahren von seiner dritten Frau scheiden.
Was macht die Armee?
Beim Trauerzug heute zeigte er sich mit seiner Mätresse. Nicht alle stehen geeint hinter ihm, auch nicht in der Armee, der mächtigsten Institution des Landes. Diese habe bislang ein äusserst enges Verhältnis zur Monarchie gepflegt, so Pongsudhirak.
Ende der 50er Jahre stärkte die Armee die Stellung Monarchie im Land. Sie schickte den Monarchen im Land herum, um Projekte zu initiieren und sie schickten ihn ins Ausland, um für Thailand zu werben. Doch mit der Zeit wuchs der König über die Armee hinaus.
Er spielte eine einigende, manchmal schlichtende oder ermahnende Rolle. Eine, die der Kronprinz und Thronfolger kaum erfüllen kann.