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International Todesdrohungen gegen Game-Kritikerin

Die US-Videobloggerin Anita Sarkeesian hätte an der Universität von Utah über ihre Arbeit zu Geschlechterbildern in Computergames sprechen sollen. Darauf erhielt die Uni Amokdrohungen – die Speakerin musste den Auftritte wegen der laschen Waffengesetze in Utah absagen.

Angefangen hatte es mit einer Beziehungsgeschichte: Der Ex-Freund der Game-Entwicklerin warf ihr in einem Blog vor, ihn mit einem Game-Journalisten betrogen zu haben, um vorteilhafte Rezensionen für ihr Spiel zu erhalten. Sarkeesian startete einen Videoblog, in der sie Produkte der Populärkultur – vor allem Computerspiele – kritisch betrachtet.

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Sexismus in der Gamerwelt
aus SRF 4 News aktuell vom 16.10.2014.
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«Feministinnen töten»

Die Game-Entwicklerin kritisierte den häufig sexistischen Inhalt der Games und setzte sich für eine Gleichstellung der Geschlechter ein. Seit mehreren Jahren hetzt ein Teil der Gamer-Community inzwischen gegen sie. Ihr wird regelmässig mit Vergewaltigung und Tod gedroht. «Die Debatte wird in einer Art und Weise geführt, dass es schlimm ist», sagt Guido Berger von der SRF Digitalredaktion.

Nun hätte Sarkeesian am Mittwoch an der Universität von Utah über ihre Arbeit sprechen sollen. Das Institut erhielt dann per Email eine Amokdrohung. «Dies wird die tödlichste Schiesserei in der amerikanischen Geschichte», stand darin. Die unbekannte Person sagte, sie sei im Besitz von halbautomatischen Gewehren, Pistolen und Rohrbomben. Es würden «Feministinnen auf dem Campus» getötet und ein Manifest mit dem Blut von Sarkeesian geschrieben.

Die State University von Utah wollte den Anlass dennoch durchführen, doch die Auftretende fürchtete um die Sicherheit des Publikums und sagte ab. «Es ist verrückt, dass die Uni nicht sicherstellen konnte, dass sich im Auditorium nach einer solchen Drohung keine Waffen befinden», erklärte sie. Utah hat sehr lasche Waffengesetze: So dürfen auf dem Unigelände Waffen versteckt getragen werden.

Ein Mann erklärt einem anderen Mann ein Computergame.
Legende: Nach wie vor sind die Frauen in der Game-Entwicklung untervertreten, sagt ein SRF-Digitalredaktor. Reuters

Sexistische Rollenbilder in Games verbreitet

Für die für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnete Videobloggerin ist das jedoch nicht die erste Drohung solcher Art. Sie erhält oft Mord- und Vergewaltigungsdrohungen, vor allem im Internet. Sie musste auch schon die Polizei einschalten und ihre Wohnung verlassen. Auch Frauen und Männer, die sich auf ihre Seite stellen, wurden massiv bedroht.

Sexistische Rollenbilder seien in E-Games sehr verbreitet, sagt Digitalredaktor Berger. Weil das Publikum gewachsen ist und die Interessen sich verbreitert haben, gibt es auch mehr Leute, die sich daran stören. Die Industrie müsste die Kritik aber ertragen können, findet Berger. «Ich werte die Diskussion eigentlich als Zeichen, dass das Medium ernst genommen wird.»

Dennoch erfahren Spiele-Entwicklerinnen und und andere Frauen, die in der Branche tätig sind, oft virtuelle Gewalt. Die Verbreitung von Diskussionen in sozialen Medien und Gamerforen machen den Umgang damit wegen der Anonymität schwieriger.

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Frauen in der IT-Branche
aus SRF 4 News aktuell vom 16.10.2014.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 56 Sekunden.

Frauen in Branche untervertreten

Die Branche selber ist nach wie vor sehr männerlastig. Es gibt viel weniger Frauen, die in der Game-Entwicklung tätig sind. Das hat mit dem Wissenschaft- und Technologiethema zu tun: In diesem Bereich sind Frauen nach wie vor generell untervertreten. «Aber auch die Inhalte der Games sprechen tendenziell eher Männer an», sagt Berger.

Aber weil das Publikum der konsumierenden Gamer immer grösser wird, ist anzunehmen, dass auch in Zukunft zumindest die verbalen Fetzen in der Computerspiel-Branche weiterhin fliegen werden.

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