Kanzlerin Angela Merkel hat sich von ihren sinkenden Zustimmungswerten unbeeindruckt gezeigt und den Kurs in der Flüchtlingskrise verteidigt.
«Umfragen sind nicht mein Massstab», sagte die CDU-Vorsitzende gegenüber der «Bild»-Zeitung. Sie verwies darauf, dass ihre Umfragewerte bereits in den vergangenen Jahren schwankten. Ihr Massstab sei die Lösung von Problemen. «Und darauf konzentriere ich mich voll und ganz.»
Umfragewerte im Sinkflug
Eine am Wochenende veröffentlichte Umfrage hatte ergeben, dass 48 Prozent der Bundesbürger Merkels Umgang mit der Flüchtlingskrise für falsch halten. Unterstützung bekommt sie demnach von 39 Prozent.
Die Regierungschefin verteidigte erneut ihre Einwanderungspolitik. «Für mich gehört es zur grundlegenden Menschlichkeit unseres Landes, dass man einem Flüchtling wie jedem anderen Menschen erst einmal freundlich entgegentritt», sagte sie der Zeitung.
Abschiebungspraxis ungenügend
Zugleich äusserte sie sich unzufrieden darüber, dass in ihrem Land nur eine Minderheit von abgelehnten Asylbewerbern abgeschoben wird. «Das ist in der Tat unbefriedigend.» Man denke gemeinsam mit Ländern und Kommunen über Verbesserungen nach.
Ein Problem seien etwa Krankschreibungen von Ausreisepflichtigen. «Eine weitere Schwachstelle ist, dass Rückführungstermine bisher angekündigt wurden. Das führte nicht selten dazu, dass die Person abtauchte.» Deswegen sollten diese Termine nicht mehr angekündigt werden.
Merkel: Keine Bedrohung durch Islam
Trotz der mehrheitlich muslimischen Asylbewerber sieht Merkel keine Bedrohung durch den Islam in Deutschland. «So etwas muss niemand befürchten. Deutschland, das ist und bleibt das Grundgesetz, die soziale Marktwirtschaft, Religions- und Meinungsfreiheit», sagte sie der «Bild». «Wir machen den zu uns kommenden Menschen vom ersten Tag an klar: Hier gelten Gesetze und Regeln des Zusammenlebens, die sie befolgen müssen. Nur so kann Deutschland für sie ein Ort des Schutzes sein.»
Dabei müssten Flüchtlinge und Asylbewerber «akzeptieren, dass in Deutschland Frauen und Männer die gleichen Rechte haben», sagte die Bundeskanzlerin. «Und sie werden sehen, dass Verwaltung bei uns nicht so funktioniert, dass man jemanden mit Geld bestechen kann und dann das gewünschte Ergebnis bekommt. Ich bin überzeugt, dass die meisten das alles respektieren und schnell schätzen lernen werden.»
«Verrückte» Politik Merkels
Der republikanische US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump hält die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin für «verrückt».
In einem Interview des US-Senders CBS sagte der Multimilliardär am Sonntag zugleich voraus, dass die Aufnahme Hunderttausender Menschen aus anderen Ländern zu Aufständen in Deutschland führen werde. «Ich habe immer gedacht, dass Merkel diese grosse Führungsperson ist», erklärte Trump. Was sie nun in Deutschland getan habe, «ist verrückt. Es ist verrückt.»
Trump führt im Vorwahlkampf das Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber an. Er hat angekündigt, dass er im Fall eines Sieges bei der Wahl im November 2016 syrische Flüchtlinge in den USA in ihre Heimat zurückschicken werde. Auch die schätzungsweise elf Millionen illegalen Einwanderer will er abschieben und eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen lassen, mit Toren, durch die «Gute» dann eines Tages zurückkehren könnten.