Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow hatte Muslime aus der ganzen Kaukasus-Region herbei beordert, um gegen die Karikatur auf dem jüngsten «Charlie Hebdo»-Titelblatt zu demonstrieren. Ein Sprecher des russischen Innenministeriums sagte, mehr als 800'000 Personen seien dem Aufruf gefolgt.
Die Tschetschenen sind überwiegend Muslime. In der Hauptstadt Grosny leben aber nur 220'000 Menschen, das ganze Land hat kaum mehr als 1,2 Millionen Einwohner.
Ein AFP-Reporter schätzte die Teilnehmerzahl auf mehrere Hunderttausend. Unter «Allahu-Akhbar»-Rufen («Gott ist gross») zogen diese vor die grosse Moschee. Dort drohte Kadyrow: «Wir werden niemandem erlauben, ungestraft den Namen unseres Propheten und unsere Religion zu beleidigen.» Er bezeichnete die Zeichnung des französischen Satiremagazins als «vulgär und unmoralisch».
Der Staatschef warf westlichen Journalisten vor, die Gefühle von Gläubigen zu verletzen. Der Protest richte sich deshalb auch «gegen all diejenigen, die die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen unterstützten». Das russische Fernsehen übertrug die Kundgebung live. Zu sehen war, wie Teilnehmer Luftballons aufsteigen liessen und ihre Liebe zum Propheten Mohammed bekundeten.
Neue islamistische Anschläge befürchtet
Am Wochenende fand bereits in einer Nachbarrepublik Tschetscheniens, in Inguschetien, eine Demonstration gegen Mohamed-Karikaturen statt. «In Moskau ist man ob dieser Kundgebungen kaum begeistert», sagt SRF-Korrespondent Peter Gysling. «Denn solche Versammlungen könnten islamistischen Terror fördern.»
Doch weil der Kreml seit Jahren radikale und autoritäre Herrscher wie den tschetschenischen Präsidenten Kadyrow gewähren lässt, gerate Russlands Regierungsspitze in gewissen Bereichen auch in «Geiselhaft» solcher Leute. «So darf es sich Kadyrow beispielsweise leisten, eine grosse Privatarmee zu befehligen, obwohl dies der russischen Verfassung krass widerspricht», so Gysling.
Kundgebungen wie jene in Grosny könnten laut Einschätzung des Korrespondenten durchaus Anlass zur Befürchtung geben, «dass es in Zukunft noch mehr als bisher zu Terroranschlägen im und aus dem russischen Nordkaukasus kommen kann».
Russland verbietet Nachdruck der Karikatur
Die russische Regierung hatte sich nach dem Anschlag in Paris zunächst solidarisch mit der Satirezeitung «Charlie Hebdo» gezeigt. Nachdem die überlebenden Zeichner in ihrer neuesten Ausgabe einen weinenden Mohammed auf der Titelseite abdruckten, wendete sich das Blatt jedoch: Die Medienaufsicht in Moskau stellte den Nachdruck der Karikatur unter Strafe.