Die Wahllokale in der Türkei sind geschlossen. Nun geht es ans Auszählen der Wahlzettel. Erste Resultate werden für den Abend erwartet.
Erstmals in der Geschichte des Landes konnten die Bürger ihr Staatsoberhaupt direkt wählen. Zur Teilnahme aufgerufen waren rund 53 Millionen Türken. Im Ausland lebende Bürger konnten das Staatsoberhaupt bereits seit Anfang August wählen. Dafür wurden etwa in Deutschland in sieben Städten Wahllokale eingerichtet.
Oppositionskandidat siegesgewiss
Noch vor der Schliessung der Wahllokale beschwerte sich Oppositionskandidat Ekmeleddin Ihsanoglu über ungleiche Wettbewerbsbedingungen. «Es war ein unfairer, unausgewogener Wahlkampf», klagte Ihsanoglu bei seiner Stimmabgabe in Istanbul.
Eine Begründung für seinen Vorwurf lieferte er nicht mit, dafür gab sich der Hauptrivale des bisherigen Regierungschefs Recep Tayyip Erdogan siegesgewiss: «Heute werden die schweigenden Massen erhört, und wir werden locker im ersten Durchgang gewinnen.»
Hintergründe zu den Wahlen in der Türkei
Umfragen zufolge ist Ihsanoglus Optimismus allerdings nicht angebracht: Demnach dürfte der bisherige Regierungschef Recep Tayyip Erdogan auf eine Zustimmung von etwa 55 Prozent kommen. Damit könnte er die Wahl in der ersten Runde gewinnen. Ihsanoglu liegt 20 Prozentpunkte zurück. Sollte keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreichen, gibt es in zwei Wochen eine Stichwahl.
Erdogan will seine Macht ausbauen
Der 60-jährige Erdogan, der Chef der konservativen Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) ist, will bei einem Wahlsieg die Verfassung ändern und das Amt mit neuen Befugnissen ausstatten. So will er Regierungschefs ernennen und Kabinettssitzungen leiten dürfen. Bisher war das Amt vornehmlich mit repräsentativen Funktionen ausgestattet. Auf seiner Abschlusskundgebung am Samstag in der Stadt Konya sagte Erdogan, das Land müsse Polarisierung, Uneinigkeit und Angst hinter sich lassen. «Eine starke Türkei wird auferstehen.»
Erdogan ist seit dem Jahr 2003 Ministerpräsident und hat seither das traditionell weltlich orientierte Land, das Nato-Mitglied und EU-Beitrittskandidat ist, umgebaut. In seinem Kurs wird er vor allem von konservativ-religiösen Türken unterstützt. Kritiker werfen ihm vor, die Gesellschaft zu spalten und die Bürgerrechte zu beschneiden.