Mit Kettensägen bewaffnet verschafften sich die Polizisten Zugang zum Sitz des regierungskritischen Medienkonzerns Koza-Ipek. Zudem gingen sie mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Angestellte und Demonstranten vor, die sich ihnen entgegenstellten. Dabei soll es offenbar mehrere Verletzte gegeben haben.
Schliesslich besetzten die Einsatzkräfte die Regieräume der beiden Sender Kanaltürk und Bugün. Im Laufe des Nachmittags schaltete die Polizei die Sender ab; sie können nicht mehr empfangen werden. Die TV-Sender stehen nun unter Kontrolle eines von der Justiz eingesetzten Zwangsverwalters.
Nach Angaben des Chefredakteurs von Bugün TV, Tarik Toros, hätten sich die Sicherheitskräfte nicht ausgewiesen und auch keinen Durchsuchungsbefehl gehabt.
Verdacht der «Terrorfinanzierung»?
Der Koza-Ipek-Konzern, der auch im Bergbau und im Energiesektor aktiv ist, gilt als wichtige Plattform für die Kandidaten der Oppositionsparteien. Er steht der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen nahe. Die Justiz hatte die Unternehmensgruppe am Montag unter Zwangsverwaltung gestellt. Die Staatsanwaltschaft begründete die Massnahme mit Ermittlungen wegen des Verdachts der «Terrorfinanzierung» und «Propaganda».
Gülen, ein ehemaliger Unterstützer des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, hatte sich vor zwei Jahren mit der Regierung überworfen. Seitdem wirft Erdogan dem in den USA lebenden Gülen einen Umsturzversuch vor. Gülen weist die Anschuldigungen zurück.
Die türkische Regierung steht seit langem wegen ihres Vorgehens gegen Journalisten in der Kritik. Ihr wird vorgeworfen, kurz vor der Wahl am Sonntag den Druck auf die Medien zu erhöhen.
Die EU äusserte sich besorgt über das Vorgehen der türkischen Behörden. «Die Türkei muss wie jedes andere Land, das über einen EU-Beitritt verhandelt, sicherstellen, dass die Menschenrechte eingehalten werden – das schliesst auch das Recht auf freie Meinungsäusserung ein», sagte die Sprecherin der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini. Die EU werde die Entwicklungen weiter genau beobachten.