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Terroranschlag in Québec «Über das Motiv wissen wir bisher gar nichts»

Nach dem Anschlag in einer kanadischen Moschee haben die Behörden einen 27-jährigen Studenten angeklagt. Laut Aussagen von Bekannten vertritt er offen rechtsextreme Ansichten. Journalist Gerd Braune in Ottawa sieht in dem Anschlag einen Weckruf für die Politik.

Gerd Braune

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Der Journalist Gerd Braune lebt seit 1997 in Ottawa. Aus der kanadischen Hauptstadt berichtet er für diverse deutsche Medien. Der Arktis gilt sein besonderes Interesse. Daneben schreibt Braune auch über Themen wie den Multikulturalismus, die Robbenjagd oder über die Rohstoffgewinnung in Kanada.

SRF News: Was ist bisher über den Täter bekannt?

Gerd Braune: Wir wissen nicht, seit wann sich der junge Mann mit rechtsgerichteten Ideen befasst hat oder eine fremden- und einwanderungsfeindliche Haltung angenommen hat. Aber aus seinem Umfeld ist nun zu hören, dass der Besuch der französischen Nationalistin Marine Le Pen in Québec im Frühjahr vergangenen Jahres möglicherweise einen ganz starken Eindruck auf ihn gemacht haben könnte. Denn danach hat er offenbar online rechtsextreme Ideen verbreitet. Das ist bisher bekannt. Aber das war offenbar nicht genug, um die Polizei auf ihn aufmerksam zu machen, bevor er diese Tat verübt hat.

Die Opfer sind alles kanadische Muslime. Was weiss man über das Motiv der Tat?

Über das Motiv wissen wir bisher überhaupt nichts. Die Polizei muss jetzt den jungen Mann befragen. Wir wissen nur diese Bruchstücke aus seinem Werdegang und wie er sich in den sozialen Medien geäussert hat. Wir wissen aber nicht, wie es dazu kam, dass er zu dieser Tat schritt und was er denn damit nun wirklich erreichen wollte. Da müssen abwarten, was die weiteren Ermittlungen der Polizei ergeben.

Diese Tat ist ein Weckruf für die Politik.

Welche Folgen könnte nun dieser Anschlag auf die Politik Kanadas haben?

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Er wird sicherlich nicht die Folge haben, dass sich die Politik völlig neu orientiert. Im Gegenteil: Alle Politiker haben im Parlament bekräftigt, dass die kanadischen Werte hochgehalten werden – Toleranz, Offenheit.

Man will ein Land sein, das weiterhin Migranten und Flüchtlinge aufnimmt und sie auch in die Gesellschaft integriert. Aber die Ereignisse zeigen, dass das Land damit eine gewaltige Aufgabe hat. Es kann sich nicht einfach zurücklehnen und selbstzufrieden sein.

In gewisser Weise ist diese Tat ein Weckruf. Wie können diese Einwanderer noch besser integriert werden; wie kann man sich den Flüchtlingen öffnen? Da gibt es viel zu tun für die kanadische Gesellschaft, für die Politik. Wir müssen sehen, wie die Diskussionen jetzt laufen und was man konkret an Massnahmen ergreifen wird.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

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