Die Spannungen zwischen Uiguren und Chinesen in der Unruheregion Xinjiang steigen an, die Situation droht zu eskalieren. Der Grund: Der Bürgerrechtler Ilham Tohti ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein Gericht in Urumqi, der Hauptstadt von Xinjiang, befand den bekannten Wirtschaftsprofessor des Separatismus für schuldig.
Tohti gilt als gemässigte Stimme der muslimischen Minderheit der Uiguren. Diese fühlen sich durch die herrschenden Chinesen unterdrückt.
Ursprünglich war eine Haftstrafe bis zu zehn Jahren erwartet worden. «Das kann man nicht hinnehmen», sagte Tohtis Anwalt zur lebenslangen Haftstrafe. «Wir werden auf jeden Fall Berufung gegen das Urteil einlegen.» Die unerwartet hohe Strafe stiess auch auf scharfe Kritik internationaler Menschenrechtsgruppen, die von einem «Angriff auf die Gerechtigkeit» sprachen.
Internationale Kritik am Verfahren
Ähnlich reagierte der Angeklagte selber: «Ich weise das entschieden zurück», rief Tohti nach der Urteilsverkündung empört, als ihn Polizisten aus dem Saal führten. Tohti sei unschuldig, beteuerte dessen Anwalt. «Was er getan hat, liegt völlig im Rahmen der freien Meinungsäusserung.» Schon die Inhaftierung und der zweitägige Prozess vergangene Woche waren international auf harsche Kritik gestossen.
Menschenrechtsgruppen beklagten ein ungerechtes politisches Verfahren, mit dem ein Exempel statuiert werden solle. Angesichts verschärfter Spannungen zwischen Uiguren und Chinesen und einer Serie von Terroranschlägen und Zusammenstössen in Xinjiang greift die Regierung in der Konfliktregion hart durch.
«Politisch motivierte Vorwürfe»
«Es ist ein schändliches Urteil, das keine Grundlage in der Wirklichkeit hat», sagte William Nee von Amnesty International. «Tohti hat friedlich daran gearbeitet, Brücken zwischen den ethnischen Gruppen zu bauen, und wurde dafür mit politisch motivierten Vorwürfen bestraft.»
Mit Studenten hatte Wirtschaftsprofessor Tohti eine Website für die uigurische Minderheit geschaffen. Sieben von ihnen wurden unter ähnlichen Separatismusvorwürfen festgenommen. Wann ihr Prozess stattfinden wird, ist noch unklar.
«Keine Beweise»
Auch die Menschenrechtsgruppe Chinese Human Rights Defenders (CHRD) verurteilte die «Verfolgung» von Tohti, der nur sein Recht auf freie Meinungsäusserung ausgeübt habe. «Das Gericht hat keine Beweise, um die Separatismus-Anklage zu unterstützen», sagte Renee Xia von CHRD. «Der Prozess war ungerecht.»