Kampfjets nicht nur zu besitzen, sondern auch selber zu bauen, gehört in manchen Ländern immer noch zum Nationalstolz. Ebenso modernste Fregatten, Panzer oder Raketen.
Doch in Europa ist die Rüstungsindustrie keine Zukunftsbranche. Zwar geben die europäischen Nato-Mitgliedländer zurzeit jährlich gut 200 Milliarden Euro für ihre Verteidigung aus, etwa ein Fünftel davon für Waffenkäufe. Dennoch schrumpfen die Ausgaben, wie Alexander Nicoll von der Londoner Strategiedenkfabrik IISS sagt.
Mehr Zusammenarbeit nötig
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen gab die Devise aus, mehr zu tun mit beschränkten oder gar schwindenden Geldmitteln – dank intensiverer Kooperation. Er nennt das «intelligente Verteidigung». Künftig sollen nicht mehr gleichzeitig drei europäische Kampfjets, mehrere Kampfpanzer- oder U-Boot-Typen entwickelt werden. Denn das ist bei knappen Kassen Geldverschwendung.
Beträchtliche Effizienzgewinne wären möglich. Militärexperte Nicoll sieht deshalb keinen anderen Weg, als dass die einzelnen Regierungen bei der Rüstungsbeschaffung enger zusammenarbeiten. Zwar bremsen die Angst vor dem Verlust von zehntausenden von Arbeitsplätzen aber auch Prestigedanken diese Entwicklung. Doch ganz aufhalten lässt sich der Schrumpfungsprozess nicht. Europas Rüstungsindustrie muss sich der Realität stellen.
Militärische Hardware ist überholt
Gleichzeitig wird die Welt nicht unbedingt sicherer, es gibt ständig neue Bedrohungen, gegen die sich Länder wappnen müssen: Terrorismus, Cyberangriffe, Energieengpässe. Doch all diesen ist mit militärischer Hardware, mit Kampfjets, Kriegsschiffen und Panzern nicht beizukommen.
Schon jetzt sind laut dem Friedensforschungsinstitut Sipri unter den zehn grössten Rüstungsschmieden der Welt nur noch drei europäische: BAE-Systems aus England, das Airbus-Konsortium und Italiens Finmeccanica.
Doch auch sie kämpfen um ihre Bedeutung. Airbus tut das, indem das zivile Flugzeuggeschäft forciert wird. Die Schweizer Ruag setzt aufs Weltraumgeschäft und zog soeben einen Grossauftrag für die Verkleidung von Ariane-Raketen an Land. Und die deutschen und französischen Panzerbauer Krauss-Maffei-Wegmann und Nexter wollen zügig fusionieren, um danach Überkapazitäten abzubauen.
Neue Rüstungsmärkte sind Mangelware
Neuorientierung oder Abbau lauten die Alternativen. Denn was viele Rüstungskonzerne bisher teils erfolgreich versuchten, nämlich aussereuropäische, wachsende Rüstungsmärkte zu erobern, werde immer schwieriger, sagt Sipri-Expertin Susan Jackson.
Strengere Rüstungsexportgesetze in manchen Ländern und das neue Uno-Waffenhandelsabkommen erschweren Verkäufe an Problemregime. Ausserdem stellen frühere Grosskunden wie China oder Brasilien und bald wohl auch Indien immer mehr Rüstungsgüter selber her.
Russland ist keine Bedrohung
Selbst die neuerdings wieder beschworene russische Bedrohung führt kaum zu einer Trendwende. Nur ganz wenige Nato-Länder, etwa Polen, erhöhen ihre Rüstungsetats geringfügig. Die meisten andern bauen weiter ab, allenfalls etwas langsamer als geplant, wie Jean-Pierre Maulny vom französischen Strategieinstitut Iris erklärt.
Wirklich bedroht durch Russland fühlten sich die westeuropäischen Länder nicht. Mit einer markanten Wiederbelebung des westeuropäischen Rüstungsgeschäfts dank Wladimir Putin ist also nicht zu rechnen.