Ein Bericht des britischen Senders BBC über ein Bootsunglück im Mittelmeer, bei dem mehrere Hundert Flüchtlinge gestorben sein sollen, sorgt für Verwirrung. Laut dem Sender kamen bis zu 400 Menschen vor der ägyptischen Küste ums Leben – die meisten davon aus Somalia, nachdem sie Richtung Europa aufgebrochen waren.
Der italienische Präsident Sergio Mattarella sprach von einer Tragödie, die sich offenbar auf See ereignet habe. «So wie es aussieht, sind heute bei einer x-ten Tragödie im Mittelmeer Hunderte von Menschen gestorben – exakt ein Jahr nach dem Unglück, bei dem 800 Menschen ums Leben kamen.» Darüber müsse man nachdenken, so Mattarella. Details nannte er nicht.
«Es ist sicher, dass wir es genau ein Jahr nach der Tragödie in libyschen Gewässern wieder mit einer Tragödie zu tun haben», sagte auch Italiens Aussenminister Paolo Gentiloni am Rande eines EU-Ministertreffens in Luxemburg. Konkrete Opferzahlen nannte aber auch er nicht. Die verunglückten Menschen waren nach seinen Angaben in Ägypten aufgebrochen. Man versuche, mehr Informationen zu bekommen.
Weder Küstenwachen noch Frontex bestätigen
Der italienischen Küstenwache, die für die Seenotrettung zwischen Italien und Libyen zuständig ist, liegen nach eigenen Angaben dagegen keine Informationen über ein Bootsunglück vor.
Am Sonntag seien aber sechs Leichen und 108 Überlebende auf einem Schlauchboot entdeckt worden, das kurz vor dem Kentern gewesen sei, teilte die italienische Küstenwache mit. Ihre griechischen Kollegen erklärten, man wisse nichts von einem neuen Bootsunglück.
Auch Izabella Cooper, Sprecherin von Frontex, der EU-Grenzschutzagentur, konnte keine Angaben zum Vorfall machen. Frontex sei nicht beteiligt gewesen und habe weder Zahlen noch eine offizielle Bestätigung. Ansprechpartner seien die ägyptischen Behörden. Der ägyptische Armeesprecher Brigadegeneral Mohammed Samir sagte, den ägyptischen Behörden lägen keinerlei Informationen über ein angebliches Schiffwrack vor.
Zahlreiche Behörden versuchten im Verlaufe des Tages, mehr Informationen zum Unglück zusammenzutragen. Der somalische Botschafter in Ägypten, auf dessen Angaben sich der BBC-Bericht berief, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Umstände des Unfalls völlig unklar
Beat Schuler vom UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) sagte in der «Tagesschau»: «Wir wissen, dass es 40 Überlebende gibt und dass möglicherweise bis zu 460 Personen auf dem Boot von Ägypten aus losgefahren sind.» Wo sich die Katastrophe ereignet haben soll und ob ein oder mehrere Boote betroffen waren, bleibt so unklar wie die Opferzahl.
Laut dem italienischen Aussenminister Gentiloni sollen die Migranten von Ägypten aus aufgebrochen sein. Somalische Behörden erklärten, der Funkkontakt sei einen Tag nach dem Verlassen Ägyptens abgebrochen. Ein Sprecher der Regierung sagte in Mogadischu, auf den Booten hätten sich rund 500 Migranten befunden. «Unseren Informationen zufolge sind viele Somalis in dieser Tragödie ums Leben gekommen.» Aato sagte weiter, ungefähr 200 der Bootsinsassen stammten aus Somalia und der autonomen Region Somaliland.
Der Präsident Somalilands sagte laut einer Mitteilung: «Dieser Unfall, bei dem viele unserer jungen Männer laut Berichten ums Leben kamen, hat uns sehr schockiert.»
Bericht der BBC: über 400 Tote
Der arabische Dienst des britischen Senders BBC hatte unter Berufung auf nicht näher genannte ägyptische Berichte gemeldet, bei der Katastrophe seien mehr als 400 Flüchtlinge ertrunken, die meisten von ihnen Somalier. Insgesamt seien vier Boote im Mittelmeer gesunken, hiess es. Die somalische Botschaft in Kairo konnte die Meldung der BBC auf Anfrage der dpa bisher aber nicht bestätigen.